Vorabentscheidung und Beweise im Ermittlungsverfahren




Eingangs muss erwähnt werden, dass eine Regelung eingefügt wurde, durch die das Verwaltungsverfahrensrecht an das Recht der Europäischen Union angepasst werden soll. Diese Regelung betrifft eine besondere Art der Vorfrage, und zwar die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Außerdem urteilt der Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren nur über die Auslegung oder über die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts. Es muss beachtet werden, dass der Gerichtshof nicht über den Rechtsstreit entscheidet, der Anlass für seine Anrufung gewesen ist.

Zudem ist grundsätzlich nur ein Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften berufen. Es ist aber erwähnenswert, dass nach der Judikatur des Gerichtshofes unter Umständen auch eine Behörde diese Voraussetzungen erfüllen kann, die nach österreichischem Recht als Verwaltungsbehörde zu qualifizieren ist und die das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden hat, wie beispielsweise etwa der Unabhängige Verwaltungssenat oder eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag.

Wenn eine nach den Bestimmungen des Rechts der Europäischen Gemeinschaft dafür in Betracht kommende Behörde einen Antrag auf Fällung einer Vorabentscheidung gestellt hat, darf sie bis zum Einlangen dieser Entscheidung nur solche Verfahrenshandlungen vornehmen oder nur solche Entscheidungen treffen, die keinen Aufschub gestatten, deren Inhalt jedoch durch die Vorabentscheidung nicht beeinflusst werden kann oder die den Verfahrensgegenstand nicht abschließend regeln. Sollte jedoch eine Behörde, die einen Antrag auf Vorabentscheidung gestellt hat, vor Erlassung dieser Entscheidung zur Ansicht gelangen, dass diese für die Entscheidung in der Sache nicht mehr notwendig ist, hat sie ihren Antrag wiederum unverzüglich zurückzuziehen.

In diesem Zusammenhang müssen auch Beweise berücksichtigt werden. Ganz wesentlich sind die Verfahrensregeln über Beweise. Hierbei gelten nämlich die freie Beweiswürdigung sowie die mittelbare Beweisaufnahme und das Parteiengehör zum Ergebnis von Beweisaufnahmen. Als Beweismittel kommen Urkunden, Zeugen, die Vernehmung von Beteiligten sowie Sachverständige und der Augenschein in Betracht. Hierbei muss beachtet werden, dass die Behörde verpflichtet ist, den wahren und maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Außerdem sind jene Mittel, die dazu diene, die Behörde von der Wahrheit einer Behauptung oder einer Annahme bzw. von den tatsächlichen Gegebenheiten zu überzeugen, die Beweise. Unter beweisen ist somit zu verstehen, dass in der Behörde die Überzeugung hervorgerufen wird, dass etwa der Wahrheit entspricht. Es ist reicht beispielsweise völlig aus, der Behörde glaubhaft zu machen, dass ein Grund für die Verweigerung einer Zeugenaussage vorliegt oder dass ein nichtamtlicher Sachverständiger befangen ist.

Mit freier Beweiswürdigung ist gemeint, dass es keine Regeln dafür gibt, wann eine Behörde etwa als bewiesen anzusehen hat. Das bedeutet, dass die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Sache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Es muss aber beachtet werden, dass die freie Beweiswürdigung nicht bedeutet, dass es im Belieben der Behörde steht, wie sie bei der Beurteilung der aufgenommenen Beweise vorzugehen hat. Denn die Behörde hat vielmehr die Beweise allein nach deren Wahrheitsgehalt zu beurteilen, aber nicht nach bestimmten Regeln, die ihr die Prüfung des Wahrheitsgehaltes ersparen würden. Daher darf die Behörde etwa nicht einem Zeugen allein deswegen ohne weiteres glauben, weil er Beamter ist, und die Behörde darf auch nicht ein Gutachten allein deswegen akzeptieren, weil es vom Amtssachverständigen stammt. Denn sie muss immer die Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage und die Schlüssigkeit eines Gutachtens prüfen. Außerdem muss in der Begründung eines Bescheides stets dargelegt werden, welche Erwägungen bei der Beweiswürdigung wesentlich gewesen sind.

Es muss jedoch beachtet werden, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch die Regeln über die gesetzlichen Vermutungen eingeschränkt werden kann. Das bedeutet also, dass Tatsachen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises bedürfen. Auch offenkundige Tatsachen bedürfen keines Beweises, weil bei solchen Tatsachen der Gegenbeweis nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass Tatsachen dann offenkundig sind, wenn sie jeder Person bekannt sind, die bewusst am sozialen Geschehen teilnehmen. Dennoch darf Offenkundigkeit nicht mit amtsbekannt verwechselt werden. Denn amtsbekannt ist eine Sache dann, wenn die in Betracht kommenden Amtsorgane davon Kenntnis haben. Wenn etwa aber fälschlicherweise als offenkundig angenommen wird, begründet dies wiederum einen Verfahrensmangel.

Es ist ebenso erwähnenswert, dass für die Aufnahme von Beweisen im Ermittlungsverfahren nicht der Grundsatz der Unmittelbarkeit gilt. Das bedeutet, dass Beweise auch mittelbar aufgenommen werden können, und zwar durch eine unterstellte Behörde, also durch die beauftragte Behörde, sowie durch eine gleichgeordnete Behörde, also ersuchte Behörde, oder durch einzelne Organe. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass Amtssachverständige mit der selbständigen Vornahme eines Augenscheins betraut werden können, nicht aber mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Außerdem dürfen Gerichte um mittelbare Beweisaufnahme für Verwaltungsbehörden nur dann ersucht werden, wenn dies ausdrücklich in einem Gesetz vorgesehen ist. Es muss beachtet werden, dass Parteien eines Verwaltungsverfahren nicht der Beweisaufnahme zugezogen werden müssen.

Dennoch ist ihnen aber Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und auch dazu Stellung zu nehmen. Dies kann nämlich auf verschiedene Weise erfolgen, und zwar in Form der schriftlichen Mitteilung des Ergebnisses der Beweisaufnahme an die Partei, mit der Aufforderung sich dazu innerhalb einer bestimmten Frist zu äußern, oder durch die Mitteilung, dass das Ergebnis der Beweisaufnahme bei der Behörde aufliegt und dass sich die Partei innerhalb einer bestimmten Frist davon informieren kann; die Information kann aber auch durch mündliche Mitteilung erfolgen. Wenn einer Partei diese Gelegenheit aber nicht gegeben wird, ist das Verfahren wegen Verletzung des Parteiengehörs mangelhaft. Wenn aber ein Ermittlungsverfahren wegen einer Antragsänderung ergänzt wird, hat eine Partei, die bereits die Möglichkeit hatte, sich zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zu äußern, nur insoweit Anspruch auf Parteiengehör zum Ergebnis der neuen Beweisaufnahmen, als die Beweisthemen im Zusammenhang mit Rechten der Parteien stehen.

Zu den Beweismitteln gehören die Urkunden, Zeugen, die Vernehmung von Beteiligten sowie Sachverständige und Augenschein. Bei den Urkunden gibt es öffentliche Urkunden und Privaturkunden. Urkunden sind Aufzeichnungen über rechtlich erhebliche Umstände. Unter öffentliche Urkunden sind Urkunden zu verstehen, die von einer österreichischen Behörde, aber auch von einer Behörde mit Sitz im Ausland, innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit oder von einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person , wie etwa Notare und Ziviltechniker, innerhalb ihres Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form errichtet worden sind. Es muss aber beachtet werden, dass aber nicht jedes von einer Behörde oder von einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person stammende Schriftstück bereits eine öffentliche Urkunde ist. Denn nur solche Ausfertigungen können als öffentliche Urkunden betrachtet werden, die mit der Absicht der Beurkundung erstellt worden sind.

Es ist erwähnenswert, dass auch Kennzeichentafeln von Kraftfahrzeugen öffentliche Urkunden sind. Außerdem werden Urkunden, die von ausländischen Behörden stammen, dann in Österreich als öffentliche Urkunden angesehen, wenn sie am Ort ihrer Errichtung als öffentliche Urkunden gelten und wenn sie mit den notwendigen Beglaubigungen versehen sind sowie wenn österreichische öffentliche Urkunden im betreffenden Staat ebenfalls als öffentliche Urkunden gelten.

Außerdem liefern eine öffentliche Urkunde nicht nur den Beweis über das, was in ihr amtlich verfügt oder erklärt worden ist, sondern auch über jene Tatsachen und Rechtsverhältnisse, die die Voraussetzung für die Ausstellung der Urkunde gebildet haben und die auch in der Urkunde ausdrücklich genannt sind. Als Beispiel dafür wäre etwa ein Reisepass zu nennen, dann dieses liefert nämlich durch Geburtsdatum und Staatsbürgerschaft des Inhabers auch den Beweis über diese Tatsachen. Wenn der Passinhaber also Geburtsdatum und Staatsbürgerschaft nachweisen muss, braucht der Passinhaber dann nicht mehr Geburtsurkunde und Staatsbürgerschaftsnachweis vorweisen, sondern nur noch den Reisepass. Privaturkunden sind wiederum alle Urkunden, die nicht öffentliche Urkunden sind. Sofern Privaturkunden von den Ausstellern unterschrieben oder mit einem gerichtlich bzw. notariell beglaubigten Handzeichen versehen sind, begründen sie vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern sind. Dennoch ist auch hier ein Gegenbeweis zulässig. Unter Zeugen sind wiederum Personen zu verstehen, die über eigene Wahrnehmungen Aussagen machen sollen.

Außerdem darf eine Person, die als Zeuge vernommen werden soll, nicht darüber im Unklaren gelassen werden. Wenn es für sie nämlich nicht erkennbar ist, dass sie eine Zeugenaussage machen soll, ist eine falsche Aussage nicht strafbar. Aus diesem Grund ist der Zeuge zu Beginn seiner Vernehmung über seine persönlichen Verhältnisse, wie etwa Identität sowie Verwandtschaft mit Parteien, zu befragen und zu ermahnen, die Wahrheit anzugeben und nichts zu verschweigen. Außerdem ist er ebenso auf die gesetzlichen Verweigerungsgründe einer Aussage sowie auf die Folgen einer ungerechtfertigten Aussageverweigerung und auf die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage aufmerksam zu machen.

Außerdem dürfen einige Personen nicht als Zeuge vernommen werden. Nicht als Zeuge vernommen werden, sind Personen, die zur Mitteilung ihrer Wahrnehmung unfähig sind oder die zur Zeit, auf die sich ihre Aussage beziehen soll, zur Wahrnehmung der zu beweisenden Tatsachen unfähig waren. Weiters dürfen Geistliche über das, was ihnen in der Beichte oder sonst unter dem Siegel geistlicher Amtsverschwiegenheit anvertraut wurde, nicht vernommen werden. Auch Organe des Bunde, der Länder und Gemeinden dürfen nicht vernommen werden, wenn sie durch ihre Aussage das ihnen obliegenden Amtsgeheimnis verletzen würden, sofern sie nicht von der Geheimhaltungspflicht entbunden sind. Wenn ein Zeuge die Aussage verweigern will, hat er die Gründe seiner Weigerung glaubhaft zu machen. Sollte er jedoch die Aussage ohne Angabe von Gründen oder obwohl die vorgebrachten Gründe nicht als gerechtfertigt anerkannt worden sind verweigern, kann er zur Kostentragung, die durch die Aussageweigerung verursacht worden sind, verpflichtet werden. Darüber hinaus kann gegen ihn eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Außerdem ist eine falsche Zeugenaussage vor einer Verwaltungsbehörde gerichtlich strafbar.

Auch die Vernehmung von Beteiligten wird als ein zulässiges Beweismittel angesehen. Das bedeutet, dass Parteien und sonstige Beteiligte auch zu Beweiszwecken vernommen werden können. Es ist erwähnenswert, dass die falsche Aussage eines Beteiligten keiner strafrechtlichen Sanktion unterliegt. Dennoch sind auch Beteiligte zur Aussage verpflichtet. Sie können jedoch die Aussage aus den gleichen Gründen verweigern wie Zeugen. Ein Sachverständiger wiederum ist eine Person, die aufgrund ihres besonderen Fachwissens Tatsachen erheben kann und daraus tatsächliche Schlussfolgerungen ziehen kann. Das bedeutet, dass der Sachverständige nur Aussagen über Tatsachen zu machen hat, da es nicht zu seiner Funktion gehört, Fragen der Beweiswürdigung zu erörtern oder auf die im Verfahren zu lösenden Rechtsfragen einzugehen. Außerdem hat der Sachverständige seine Aussage in Form von Befund und Gutachten abzugeben. Ein Befund ist ein Bericht über die erhobenen Tatsachen, während Gutachten die Schlüsse sind, die der Sachverständige aus dem Befund zieht. Es muss beachtet werden, dass die Äußerung des Sachverständigen die Grundlagen erkennen lassen muss, auf denen das Gutachten aufgebaut ist.

Die Behörde hat immer dann einen Sachverständigen heranzuziehen, wenn zur Feststellung eines Sachverhaltes besondere Fachkenntnisse erforderlich sind. In solch einen Fall hat die Behörde in erster Linie Amtssachverständige heranzuziehen. Die Behörde kann aber auch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn dadurch eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Dies ist aber nur dann zulässig, wenn die Heranziehung von der Partei, über deren Ansuchen das Verfahren eingeleitet worden ist, angeregt worden ist und wenn die durch die Heranziehung entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten voraussichtlichen Betrag nicht überschreiten werden. Es muss beachtet werden, dass die Partei, die die Heranziehung des nichtamtlichen Sachverständigen angeregt hat, die Gebühren für den nichtamtlichen Sachverständigen zu tragen hat. Sollten durch die Heranziehung des nichtamtlichen Sachverständigen aber Gebührenansprüche entstehen, die höher sind als der von der Partei genannte Betrag, ist die Partei zur Tragung dieser Kosten wiederum nicht verpflichtet.

Außerdem kann eine Person, die als Sachverständiger bestellt wird, unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Zeuge die Aussage verweigern. Es muss beachtet werden, dass Sachverständige von einer Partei abgelehnt werden können, wenn diese glaubhaft machen, dass die Unbefangenheit oder die Fachkunde des Sachverständigen zweifelhaft ist. Die Ablehnung des Sachverständigen ist bis zur Vernehmung des Sachverständigen geltend zu machen. Später kann ein Sachverständiger aber nur noch dann abgelehnt werden, wenn die Partei glaubhaft machen kann, dass sie den Ablehnungsgrund nicht vorher erfahren konnte oder dass sie ihn wegen eines für sie nicht überwindbaren Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte.

In diesem Zusammenhang muss auch der Augenschein beachtet werden. Denn während eines Ermittlungsverfahrens kann es notwendig sein, dass sich die Behörde selbst durch unmittelbare Wahrnehmung über tatsächliche Vorgänge oder Gegebenheiten gewisse Informationen verschafft. Dies wird als Augenschein bezeichnet. Es ist erwähnenswert, dass Gegenstand eines Augenscheins alles sein kann, dessen unmittelbare sinnliche Wahrnehmung im Zusammenhang des jeweiligen Verwaltungsverfahrens der Behörde erforderlich erscheint, wie beispielsweise etwa die Feststellung der sanitären Verhältnisse in einem Betrieb. Die Parteien können zwar einen Augenschein beantragen, wobei sie aber keinen Anspruch darauf haben, dass er auch tatsächlich durchgeführt wird; denn es obliegt der Behörde zu beurteilen, ob ein Augenschein erforderlich ist.

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