Merkmale der Leihe und ihre Funktion




Wir alle kennen die Leihe aus Kindheitstagen. Dennoch gibt es auch bei so einfachen Rechtsinstituten die eine oder andere rechtliche Besonderheit. Entliehen wird alles Mögliche, wie beispielsweise etwa unter anderem Spielzeug, Kleidung, Schmuck, ein Fahrrad oder Auto, die Zeitung des Zugnachbarn oder der Einkaufswagen im Selbstbedienungsladen. Aber kann man auch eine Wohnung oder gar ein Haus, also unbewegliche Sachen, entlehnen oder verleihen?

Auch die Leihe ist ein Realvertrag und kommt daher erst mit Einräumung der Gewahrsame am Leihgegenstand, also in der Regel durch dessen Übergabe, zustande. Das bloße Versprechen der Gebrauchsüberlassung ist wiederum, wie beim Darlehen, nur ein Vorvertrag. Wenn jemandem eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeltlichen Gebrauch auf eine bestimmte Zeit übergeben wird, so entsteht ein Leihvertrag. Entgegen dem Gesetzeswortlaut lässt man auch Leihe auf unbestimmte Zeit zu. Als Dauerschuldverhältnis braucht sie dann zur Beendigung die Kündigung. In diesem Zusammenhang muss ebenso beachtet werden, dass die Personen des Leihvertrags Verleiher und Entlehner heißen.

Der Begriff Leihe wird nicht selten in der Umgangssprache unrichtig gebraucht. Es wird von Leiharbeit, also Arbeitnehmerüberlassung, Leihbücherei, Leihauto, Leihfirma, Leihvideo, Kostümverleih und so weiter gesprochen. Gemeint ist in diesen Fällen aber regelmäßig entgeltliche Miete, zumal hier ein Entgelt zu entrichten ist, die Leihe aber unentgeltlich ist. Geringfügiges Entgelt nimmt der Leihe aber nicht den Charakter der Unentgeltlichkeit. Das gleiche gilt für vorübergehende Entgeltlichkeit, zum Beispiel Geldeinsatz von 0,5l, um im Selbstbedienungsladen einen Einkaufswagen benützen zu können, der bei Rückstellung des Wagens rückerstattet wird. Anders als beim Darlehen sind Gegenstand der Leihe stets unverbrauchbare Sachen, zum Beispiel ein Buch, eine Bluse, ein Anzug, ein Kostüm, ein Fahrrad oder Ring. Die Leihe eines Päckchens Papiertaschentücher wäre dagegen Darlehen. Anders als beim Darlehen ist nämlich bei der Leihe dieselbe Sache zurückzustellen. Die zur Leihe übergebene Sache kann aber beweglich oder unbeweglich sein. Man kann also auch Haus oder Wohnung ver- oder ausleihen.

Der Entlehner erwirbt das Recht, den ordentlichen oder im Vertrag näher bestimmten Gebrauch von der Sache in Anspruch zu nehmen; also Fahrrad oder Auto zu benützen, ein Buch zu lesen, das Kleid am Ball zu tragen. Der Gebrauch der entlehnten Sache hat aber schonend zu erfolgen. Man spricht vom ordentlichen Gebrauch des Leihgegenstands. So dürfen Entlehner den Leihgegenstand insbesondere nicht weiterverleihen, darin läge vielmehr ein widerrechtlicher Gebrauch der Sache. Der Leihgegenstand ist auch vereinbarungsgemäß, also zeitgerecht zurückzustellen. Der vereinbarte Gebrauch darf auch nicht ausgeweitet werden, vielmehr ist am bedungenen Gebrauch festzuhalten. Zudem muss beachtet werden, dass der Entlehner für den durch sein Verschulden verursachten Schaden haftet. Gehaftet wird ab leichter Fahrlässigkeit.

Im Falle, dass der Entlehner das Lehnstück verliert und den Wert erlegt, räumt das Gesetz ihm dadurch noch kein Recht ein, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird, gegen den Willen des Eigentümers für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist, den empfangenen Wert zurückzugeben. Der Entlehner hat lediglich ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Rückerstattung des erlegten Wertes. Entlehner haften nicht für unverschuldeten Zufall, zum Beispiel beim ausgeliehenen Fahrrad bricht unerwartet eine Felge, das ausgeliehene Kostüm wird vom Kellner beschmutzt, der entliehene PKW hat trotz ordnungsgemäßen Abstellens eine Delle am Kotflügel, der ausgeliehene Schi bricht beim normalen Gebrauch. Die Gefahr und das Risiko einer unverschuldeten, zufälligen Beschädigung der Sache trägt nach wie vor der Verleiher als Eigentümer. Der Eigentümer trägt nämlich nach dem Gesetz den Zufall selbst.

Vom Zufall zu unterscheiden, ist aber der gemischte Zufall. Gemischter Zufall meint, dass das Verschulden des Entlehners und der Zufall zusammentreffen. Was etwa dann anzunehmen ist, wenn Entlehner den Leihgegenstand vereinbarungswidrig, also widerrechtlich weiterverleiht oder den vereinbarten Gebrauch, eigenmächtig, ausweitet und der Gegenstand dabei zufällig, also ohne sonstiges persönliches Verschulden des Entlehners, Schaden leidet, also zum Beispiel durch Dritte beschädigt wird.

Wer trägt die Benzinkosten, wenn ein Moped oder Auto verliehen wird, wer die Stromkosten einer geliehenen Wohnung? Benzin- und Stromkosten gehören zum ordentlichen Gebrauch und sind vom Entlehner zu tragen. Zum schonenden Gebrauch gehört auch die Pflicht der normalen Erhaltung der Sache, wie etwa Reinigen und Lüften der Wohnung, Warten eines Motorrads bei längerem Gebrauch (Service etc.), die anteiligen Betriebskosten für eine geliehene Wohnung, die Futter- und Pflegekosten für ein geliehenes Tier. Anders ist das, wenn ein Tier in Verwahrung gegeben wird. Für außerordentliche Erhaltungskosten hat der Entlehner aber nicht aufzukommen. Jedoch besteht Vorschusspflicht des Entlehners. Das Bezahlte hat der Verleiher dem Entlehner zu vergüten. Entlehner müssen nach Ablauf der Leihzeit dieselbe Sache zurückgeben. Grundsätzlich in dem Zustand, in dem sie übergeben wurde. Das heißt, dass die geliehene Wohnung bei längerem Gebrauch allenfalls auszumalen, für ein Kfz unter Umständen ein Service zu machen ist.

Der Verleiher hat nicht das Recht die verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und vor geendigten Gebrauche, also früher zurückzuverlangen. Selbst dann nicht, wenn er sie selbst dringend braucht. Anderes gilt für den Entlehner; er ist nämlich berechtigt die entlehnte Sache auch vor bestimmter Zeit zurückzugeben, aber nicht, wenn dies dem Verleiher beschwerlich ist.

Die Dauer der Leihe bestimmt sich nach der Vereinbarung, die häufig nur schlüssig erfolgt. Als Dauerschuldverhältnis wird sie in der Regel auf bestimmte Zeit, zum Beispiel für ein Monat, oder zu einem bestimmten Zweck, wie etwa Leihe von Schiern für eine Schitour oder eines Abendkleids für einen Ball, vereinbart. Fehlt eine solche Vereinbarung, liegt Leihe auf unbestimmte Zeit vor, die allenfalls, wenn kein Einvernehmen erzielt werden kann, durch Kündigung beendet werden muss.

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