Wen verpflichten die Grundrechte?




Allgemeines

Als Eingriff in ein Grundrecht ist jede staatliche Handlung zu verstehen. Das kann ein Gesetz sein, eine Verordnung, Urteil oder Bescheid. Ein Eingriff in ein Grundrecht muss dieses nicht unbedingt verletzen. In Wahrheit greift der Staat andauernd in unsere Grundrechte ein. Eine Geldstrafe, aber auch eine Steuer greift in unser Vermögen, also dem geschütztem Eigentum, ein. Man mag über diesen Eingriff fluchen, dennoch ist er meistens rechtmäßig. Ein Eingriff in ein Grundrecht kann durch ein Gesetz bzw. Verordnung erfolgen oder durch einen individuellen Akt wie Bescheid oder Gerichtsurteil.

Die Grundrechte verpflichten den Gesetzgeber, also Nationalrat oder Landtag, sowie den staatlichen Verwaltungsapparat in gewissen Schranken zu agieren und sie zu beachten. Als die Grundrechte im 19. Jahrhundert erstmals geschaffen wurde, dachte man nur daran, die Verwaltung an sie zu binden. Das Volk sollte von einer teils willkürlichen monarchischen Verwaltung geschützt werden. Eine Kontrolle der Gesetzgebung, wie heute der Verfassungsgerichtshof, gab es damals auch noch nicht. Erst als man die richterliche Gesetzesprüfung einführte, also den Verfassungsgerichtshof als höchstes Gericht in Österreich, setzte langsam ein Umdenken ein; denn auch die Gesetzgebung ist an die Grundrechte gebunden.

Bindung der Gesetzgebung

Jeder Gesetzgeber, also Nationalrat und Landtage, sowie eine verordnungserlassende Behörde sind bei ihrer Tätigkeit an die Grundrechte gebunden. Diese Bindung ist aber abgeschwächt. Ein Eingriffsvorbehalt erlaubt dem Gesetzgeber in ein Grundrecht unter bestimmten Voraussetzungen einzugreifen. Es gibt auch noch Ausgestaltungsvorbehalten. Ausgestaltungsvorbehalte sind ein Auftrag an den Gesetzgeber ein Grundrecht näher zu formulieren bzw. zu regeln. Das Datenschutzgesetz ist ein Paradebeispiel dafür und natürlich die Vereins sowie auch die Versammlungsfreiheit. Damit ein Verein auch öffentlich auftreten kann, wie z.B. ein Sportverein, sind verschiedene Regelungen zu beachten, welche sich im Vereinsgesetz finden.

Formeller Gesetzesvorbehalt

Gerade im alten Staatsgrundgesetz aus dem Jahre 1867 finden sich sogenannte formelle Gesetzesvorbehalte. Zuerst ging man davon aus, dass nur die Verwaltung gebunden ist, nicht jedoch die Gesetzgeber. Im Laufe der 50iger Jahre hat sich jedoch die Situation geändert. Ein Gesetz darf heute nicht gegen das Wesen eines Grundrechts verstoßen, sodass das Grundrecht praktisch hinfällig wird.

Materieller Gesetzesvorbehalt

In den neuen Grundrechten, insbesondere in der Europäischen Menschenrechtskonvention, finden sich inhaltlich bestimmte materielle Gesetzesvorbehalte. Sie lassen nur Eingriffe unter bestimmten Voraussetzungen zu. Es werden die Rechtsgüter aufgezählt, zu deren Schutz Eingriffe möglich sind. Das sind unter anderem die nationale Sicherheit, territoriale Unversehrtheit, Aufrechterhaltung der Ordnung und Verbrechensverhütung, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie Schutz des guten Rufen. Das öffentliche Interesse, zu dessen Gunsten in ein Grundrecht eingegriffen werden darf, wird somit näher beschrieben. Der Eingriff muss weiteres notwendig sein. Die Gewerbeordnung schreibt eine Reihe von Voraussetzungen für Berufe vor. Manch einer kann einen Beruf somit nicht sofort ausüben. Andererseits will man auch nicht von unwissenden Personen ein Haus gebaut bekommen. Das gesetzliche Ziel muss im öffentlichen Interesse liegen; keiner will ein schlecht gebautes Haus, es könnte einstürzen, jemand könnte verletzt werden. Das Gesetz muss dazu geeignet sein, um das öffentliche Ziel zu erreichen. Das ist im Grunde eine Prognose bei Erlassung eines Gesetzes. Berufsantrittsvoraussetzungen wie eine bestimmte Ausbildung haben sich jedenfalls bewährt. Zu guter Letzt müssen Eingriffe verhältnismäßig sein. Das heißt, es werden beide Seiten gegeneinander aufgewogen. In diesem Falle, der Wunsch den Beruf Baumeister zu ergreifen und das Vertrauen der Menschen, dass das Haus bewohnbar ist.

Grundrechte ohne Vorbehalt

Es gibt Grundrechte, die im Gesetzestext keinen Vorbehalt nennen. Dennoch gibt es erlaubte Eingriffe. Sie müssen auch den obig genannten Kriterien, der Verhältnismäßigkeit, entsprechen. Direkte Eingriffe sind jedenfalls untersagt. Es darf kein Gesetz geben, welches entartete Kunst untersagt. Jedoch kann man das Aufstellen von Aktbildern beispielsweise vor Schulen untersagen, da der Jugendschutz dies rechtfertigt.

Verfahrensgrundrechte

Eine eigene Kategorie sind Verfahrensgrundrechte. Sie behandeln nicht einen Lebensbereich, wie Beruf, Kunst oder Eigentum, sondern beziehen sich auf das staatliche Handeln selbst. Zu den Verfahrensgrundrechten zählt als wichtigstes das Recht auf den gesetzlichen Richter, Recht auf persönliche Freiheit und Schutz vor Hausdurchsuchungen sowie das Recht auf ein faires Verfahren. Eine weitere Sonderstellung nimmt der Gleichheitssatz ein.

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