Die Voraussetzungen für eine Aufrechnung im Gerichtsprozess




Eingangs muss beachtet werden, dass unter Kompensation eine Aufrechnung im Prozess zu verstehen ist. Es ist ebenso erwähnenswert, dass der Beklagte im Prozess eine Gegenforderung entweder durch selbständige Klage, durch Widerklage oder durch Aufrechnungseinrede geltend machen kann. Außerdem ist die Aufrechnungseinrede der Sachantrag des Beklagten, mit dem er die Entscheidung durch Urteil begehrt, dass die Klagsforderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung, die ihm gegen den Kläger zusteht, gänzlich oder teilweise erloschen ist, und dass das Klagebegehren deshalb gänzlich oder teilweise abzuweisen ist.

Es muss berücksichtigt werden, dass die Aufrechnungseinrede immer nur dann Erfolg haben kann, wenn die Aufrechnung materiell-rechtlich zulässig ist. Hierbei muss beachtet werden, dass man materiell-rechtlich unter einer Aufrechnung die wechselseitige Tilgung zweier einander gegenüberstehender Forderungen durch Verrechnung versteht. In diesem Zusammenhang muss ebenso berücksichtigt werden, dass eine Aufrechnungserklärung zur Aufrechnung erforderlich ist. Außerdem wirkt die vollzogene Aufrechnung auf den Zeitpunkt zurück, in dem die beiden Forderungen erstmalig einander aufrechenbar gegenübergestanden sind.

Es ist auch erwähnenswert, dass die Aufrechnungserklärung sowohl außerhalb des Prozesses als außergerichtliche Aufrechnungserklärung als auch innerhalb des Prozesses als Aufrechnungseinrede erfolgen kann. Der Unterschied zwischen der außergerichtlichen Aufrechnungserklärung und der Aufrechnungseinrede besteht darin, dass die außergerichtliche Aufrechnung eine unbedingte Prozesseinwendung ist sowie die Anerkennung der Hauptforderung voraussetzt und im Prozess einen Schuldtilgungseinwand begründet, während die Aufrechnungseinrede dagegen eine bedingte Prozesseinwendung ist, die nur dann wirksam wird, wenn das Gericht den Bestand der Hauptforderung bejaht. Außerdem müssen auch für die Aufrechnungseinrede die positiven Prozessvoraussetzungen vorliegen und es dürfen keine Prozesshindernisse gegeben sein. Zudem findet sich die Beurteilung der Wirksamkeit der außergerichtlichen Aufrechnungserklärung, während die Entscheidung über die Aufrechnungseinrede bis zur Höhe der Klagsforderung in Rechtskraft erwächst, nur in der Urteilsbegründung und wird somit nicht rechtskräftig.

In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass es sich bei der Aufrechnungseinrede um eine doppelfunktionelle Prozesshandlung im Sinne des Doppeltatbestandes handelt, die sowohl prozessuale Wirkungen, als prozessualer Aufrechnungseinwand, als auch materiell-rechtliche Wirkungen, als privatrechtliche Aufrechnung, äußert. Es muss aber beachtet werden, dass die prozessualen Wirkungen im Prozess einen Vorrang haben. Erst wenn die Aufrechnungseinrede verfahrensrechtlich unbeachtlich ist, wird die privatrechtliche Aufrechnung wesentlich.

Es ist erwähnenswert, dass die Geltendmachung der aufzurechnenden Gegenforderung auch bei Unzuständigkeit des Gerichtes bezüglich dieser Forderung zulässig. Die Geltendmachung der aufzurechnenden Gegenforderung ist auch dann zulässig, wenn für diese Forderung eine andere Verfahrensart vorgesehen ist. Dennoch stehen die Unzulässigkeit des Rechtsweges sowie das Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit und das Vorliegen einer bereits rechtskräftigen Entscheidung über die Gegenforderung oder einer Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht der Aufrechnung entgegen.

Es muss beachtet werden, dass die Aufrechnungseinrede eine Eventualeinrede ist, über die nur dann zu entscheiden ist, wenn die Hauptforderung rechtens besteht. Außerdem kann über die Gegenforderung nur bis zu der Höhe entschieden werden, in der die Hauptforderung zu Recht besteht. Es ist zu berücksichtigen, dass über den Teil der Gegenforderung, der die Hauptforderung übersteigt, nicht rechtskräftig entschieden wird, denn diesbezüglich kann eine eigene Leistungsklage angestrebt werden. Sollte sich die Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend herausstellen, ist die Klage mit Urteil abzuweisen, wobei im Urteilsspruch die Gegenforderung sodann daher gar nicht zu erwähnen ist. Wenn die Hauptforderung strittig ist, aber das Bestehen der Gegenforderung hingegen unbestritten oder leichter feststellbar ist, darf die Klage wegen des Bestehens der Gegenforderung nicht sofort abgewiesen werden, sondern es ist zuerst das Bestehen oder das Nichtbestehen der Klagsforderung festzustellen.

Sollten jedoch die Klagsforderung und die Gegenforderung gleichzeitig entscheidungsreif sein, ist ein Endurteil zu fällen. Wenn die Hauptforderung zu Recht besteht, aber die Gegenforderung nicht, muss der Klage stattgegeben werden und die Aufrechnungseinrede ist jedoch abzuweisen. Sollte die Klagsforderung aber früher spruchreif sein als die Gegenforderung und sollte kein rechtlicher Zusammenhang zwischen den beiden bestehen, kann ein Teilurteil über die Hauptforderung, aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Verfahrensbeschleunigung, gefällt werden. Es ist ebenso erwähnenswert, dass das Teilurteil über die Hauptforderung ein Leistungsurteil ist, das selbständig anfechtbar und vollstreckbar ist.

In diesem Zusammenhang muss immer beachtet werden, dass der Zeitpunkt für die Entscheidung über die Gegenforderung der Schluss der mündlichen Verhandlung über die mit Teilurteil entschiedene Klagsforderung bleibt, weil spätestens in diesem Zeitpunkt die beiden Forderungen einander gegenüber gestanden haben müssen. Daher sind alle Tatsachen, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung über die Hauptforderung entstanden sind, unbeachtlich. Denn wurde etwa die Gegenforderung nachher befriedigt oder ist sie nachher erloschen, kann dies nicht im Endurteil berücksichtigt werden. Alle neuen Tatsachen über die Hauptforderung, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind, bilden Oppositionsgründe oder Gründe für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Klagsforderung. Es ist ebenso erwähnenswert, dass das Endurteil, das auf das Teilurteil folgt, dieses nicht wieder aufhebt, sondern spricht im Fall des Bestehens der Gegenforderung aus, dass zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung über die Hauptforderung diese durch Aufrechnung getilgt wurde.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel