Die Haftung bei der rechtsgeschäftlichen Unternehmensübertragung




Vordergründig stellt sich bei einem Unternehmensübergang die Frage, wer denn für die bis zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs vorhandenen Verbindlichkeiten haftet. Durch den Gesetzgeber wurde sichergestellt, dass durch einen Unternehmensübergang keine Nachteile für die bisherigen Vertragspartner entstehen können. Aus diesem Grund gibt es eine Haftung des Erwerbers als auch des Veräußerers.

Der Erwerber übernimmt die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse mit den bis dahin entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten. Durch diese Bestimmung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Erwerber auch für alle entstandenen Schulden vor dem Unternehmensübergang haftet. Diese Regelung ist sehr strikt, da der Erwerber rückwirkend in die Vertragsverhältnisse eintritt. Die Haftung des Erwerbes ist nicht auf das Vermögen beschränkt, welches dieser mit dem Unternehmen übernimmt, sondern dieser haftet unbeschränkt auch mit seinem sonstigen Vermögen.

Der Erwerber haftet auch für Verbindlichkeiten aus unternehmensbezogenen Rechtsverhältnissen, welche nicht übernommen werden. Für die Haftung ist ohne Bedeutung, aus welchem Grund die Rechtsverhältnisse nicht übernommen werden. Daher besteht die Haftung nicht nur dann, wenn der Veräußerer und der Erwerber den Übergang des Vertragsverhältnisses vertraglich ausschließen, sondern auch dann, wenn die dritte Person dem Übergang des Vertragsverhältnisses widerspricht. Der Erwerber haftet daher auch, wenn ein Rechtsverhältnis zwar übernommen wurde, die einzelnen damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten aber nicht.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen, welches im Gastgewerbe tätig ist, wird veräußert. Der Veräußerer und der Erwerber vereinbaren, dass der langfristige Bierbezugsvertrag übergeht, der Erwerber jedoch die bis zum Übergangszeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten aus Bierlieferungen nicht übernehmen muss. Obwohl dies intern vereinbart wurde, haftet der Erwerber auch für die Zahlung der Verbindlichkeiten für alle Bierlieferungen vor dem Unternehmensübergang.

Der Veräußerer und der Erwerber können daher interne Vereinbarungen über die Haftung des Erwerbers für Verbindlichkeiten treffen. Es kann beispielsweise auch vereinbart werden, dass der Erwerber nur für bestimmte Verbindlichkeiten oder gar nur für einen bestimmten Prozentsatz aller Verbindlichkeiten haftet. Für unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse, die der Veräußerer verursacht hat, kann die Haftung des Erwerbers auch komplett ausgeschlossen werden. Diese vom Gesetz abweichende Haftungsregelung hat prinzipiell aber nur eine interne Wirkung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass eine solche Vereinbarung auch Dritten gegenüber wirksam ist. Diese Vereinbarung ist jedoch gegenüber Dritten nur in drei Fällen möglich:

• Die Vereinbarung wird im Firmenbuch eingetragen und wirkt danach gegenüber
allen Gläubigern. Wenn die Haftungsvereinbarung eingetragen und bekannt
gemacht worden ist, muss sie der Dritte gegen sich gelten lassen.

• Die Vereinbarung wird auf verkehrsübliche Weise bekannt. In keinem Gesetz wird
näher erläutert, was als verkehrsübliche Bekanntmachung akzeptiert werden kann,
aber in Betracht kommt etwa eine Bekanntmachung auf einer Homepage oder
auch im Amtsblatt der Wiener Zeitung.

• Vom Erwerber oder Veräußerer wird dem Dritten die Vereinbarung mitgeteilt.
Diese Mittelung in formloser Art wirkt nur gegenüber jenen Gläubigern, denen die
Mitteilung zugekommen ist. Ob ein Gläubiger von einer dritten Seite darüber
Kenntnis erlangt hat, ist unwichtig, denn die Mitteilung muss vom Veräußerer oder
Erwerber selbst erbracht worden sein.

Die verkehrsübliche Bekanntmachung, die Anmeldung zum Firmenbuch als auch die Mitteilung an den Dritten müssen in einem zeitlichen engen Zusammenhang mit der Unternehmensübergabe stehen. Wenn dies nicht geschieht, oder beispielsweise erst einige Wochen später, dann ist der Haftungsausschluss nicht wirksam.

Übernimmt jemand ein Unternehmen, dann haftet dieser neben dem Veräußerer für alle Schulden welche zum Unternehmen gehören, von denen er bei der Übergabe wusste, oder davon wissen musste. Jedoch schützt das Gesetz den Erwerber des Unternehmens insoweit, dass die Gläubiger vom Erwerber nur all jene Schulden verlangen können, die mit dem Unternehmen in einem ursächlichen, wirtschaftlichen und inneren Zusammenhang stehen. Auch ist die Haftung eines Erwerbes mit abweichender Haftungsvereinbarung begrenzt mit dem objektiven Wert des übernommenen Unternehmens. Ebenfalls kann die Haftung nicht zum Nachteil der Gläubiger durch eine Parteienvereinbarung abgeändert werden. Das heißt, dass bei einem Unternehmenskauf im Innenverhältnis die Haftung des Erwerbers zwar ausgeschlossen werden kann, diese aber Gläubigern gegenüber unwirksam ist, auch wenn etwas anderes vereinbart und im Firmenbuch eingetragen wurde, denn er haftet bis zum Wert des übernommenen Unternehmens.

Die Haftung bis zum Wert des Unternehmens für den Erwerber entfällt, wenn der Kaufpreis zur Bezahlung von Gläubigerforderungen verwendet worden ist. Weiters haften der Erwerber und der Veräußerer voll für Verpflichtungen, die sich aus einen Arbeitsverhältnis ergibt, welche vor dem Betriebsübergang begründet worden ist. Auch hierbei haftet der Erwerber bis zum Wert des übernommenen Unternehmens.

Auch haftet der Erwerber eines Unternehmens für bestimmt Abgaben und Steuern, die mit dem Unternehmen zusammenhängen, wie etwa der Umsatzsteuer oder der Lohnsteuer, welche seit dem Kalenderjahr vor der Übereignung bis zum Zeitpunkt der Übereignung entstanden sind. Hierbei haftet der Erwerber gegenüber der Abgabenbehörde ebenfalls nur für solche Schulden, die diese kannte oder kennen musste, bis zum Wert des übernommenen Unternehmens. Neben dem Vorgänger haftet der Betriebsnachfolger auch für Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit von maximal zwölf Monaten ab dem Tag des Erwerbs des Unternehmens. Wird beim Versicherungsträger angefragt, so haftet der Betriebsnachfolger nur bis zu jenem Betrag, der diesem als Rückstand mitgeteilt worden ist.

Ein Veräußerer kann sich durch einen Unternehmensübergang nicht von seinen Verbindlichkeiten aus unternehmensbezogenen Rechtsverhältnissen lösen. Der Verkäufer haftet nämlich neben dem Käufer des Unternehmens ebenfalls für die Verbindlichkeiten, jedoch nur zeitlich begrenzt.

Auch dann wenn die unternehmensbezogenen Rechtverhältnisse vom Käufer des Unternehmens übernommen wurden, haftet der Verkäufer trotz alle dem für all jene Verbindlichkeiten weiter, die bis zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs entstanden sind. Also für alle Altschulden. Der Verkäufer und der Käufer des Unternehmens haften für diese Verbindlichkeiten komplett, und für all jene Rechtsverhältnisse, die nicht vom Käufer übernommen werden, haftet der Verkäufer sowieso weiterhin.

Die Haftung des Veräußerers ist für all jene Rechtsverhältnisse begrenzt, die vom Erwerber übernommen werden. In all jenen Fällen hat diese Begrenzung der Haftung Bedeutung, in denen die Verbindlichkeit zwar schon vor dem Unternehmensübergang entstanden ist, aber erst danach fällig wurde. Wenn der Veräußerer zum Beispiel ein Dauerschuldverhältnis abgeschlossen hat, stellt sich die Frage, wie lange er aus einem Vertrag dieser Art zur Haftung herangezogen werden kann. Unter dem Gesichtspunkt, dass der Veräußerer keinen Einfluss mehr auf das Unternehmen hat, beschloss der Gesetzgeber eine zeitlich begrenzte Haftung für den Veräußerer. Dies wird auch als Nachhaftung bezeichnet. Aus diesem Grund haftet der Veräußerer nur für all jene Verbindlichkeiten, die innerhalb von fünf Jahren nach dem Unternehmensübergang fällig wurden. Für diese Verbindlichkeiten kann der Veräußerer innerhalb der für die jeweiligen Verbindlichkeiten geltenden Verjährungsfristen, längstens jedoch drei Jahre in Anspruch genommen werden.

Ein Beispiel: Kurz vor der Unternehmensübertragung hat der Veräußerer einen Leasingvertrag über eine Maschine abgeschlossen, und diese Leasingraten sind immer am 03. Eines jeweiligen Monats fällig. Als Unternehmensübergangszeitpunkt wird der 01.09.2010 vereinbart. Der Veräußerer haftet daher noch für die Leasingrate August 2015, aber nicht mehr für die Leasingrate September 2015, wofür nur mehr der Erwerber des Unternehmens haftet. Für die Leasingrate August 2015 kann der Veräußerer innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist zur Verantwortung gezogen werden.

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