Der Umfang und die Grenzen der Prokura




Gesetzlich festgelegt ist der Umfang der Prokura. Die Prokura ermächtigt zu allen möglichen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen rechtlichen Handlungen, die ein Betrieb in irgendeiner Art mit sich bringt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Rechtsgeschäfte gewöhnlicher oder außergewöhnlicher Art sind, und ob sie regelmäßig oder nur ausnahmsweise anfallen. Bei der Generalhandlungsvollmacht ist dies nämlich ein wesentlicher Unterschied, da dabei nur die gewöhnlichen Geschäfte erfasst sind.

Ein Prokurist kann zum Beispiel Kredite aufnehmen, Forderungen erlassen, Prozesse führen, Vergleiche abwickeln, Arbeitnehmer einstellen, kündigen beziehungsweise entlassen, oder auch Wechselverbindlichkeiten eingehen. Die Vollmacht des Prokuristen ist nicht beschränkt auf Geschäfte im konkreten Geschäftszweig des Vollmachtgebers, sondern dieser kann alle Handlungen abwickeln, die in einem Betrieb des Unternehmens in irgendeiner Art vorkommen können. Das heißt, dass ein Prokurist beispielsweise in einer Druckerei auch Tierfutter oder Winterjacken bestellen kann, auch wenn solche Geschäftsabwicklungen für eine Druckerei nicht üblich sind.

Für all jene Geschäfte, für die eine normale Person des Unternehmens eine Spezialvollmacht brauchen würde, wie etwa Kredite aufnehmen oder Klagen einbringen, kann der Prokurist aufgrund der gesetzlichen Regelung ohne Spezialvollmacht durchführen. Er braucht daher keine besondere Vollmacht zur Erledigung der Geschäfte und Rechtshandlungen.

Dritten Personen gegenüber ist der Umfang der Prokura nicht beschränkbar. Im Innenverhältnis gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, im Außenverhältnis aber ist die Vertretungsmach uneinschränkbar. Im Innenverhältnis kann beispielsweise ausgemacht werden, dass der Prokurist nur bestimmte Geschäfte, nur bestimmte Arten von Geschäften oder nur Geschäfte bis zu einer bestimmten Vertragshöhe abschließen darf. Wenn sich der Prokurist nicht an die im Innenverhältnis abgemachte Beschränkung hält, so sind diese in Übertretungen seiner Befugnisse abgeschlossenen Geschäfte dritten Personen gegenüber jedoch rechtswirksam.

Ausnahmsweise kann im Falle einer Kollusion, nämlich dann, wenn der Prokurist seine Vollmacht bewusst zum Nachteil des Vollmachtgebers missbraucht hat und die dritte Person dabei mitgeholfen hat. Uneinig ist man sich, ob die Bindung des Geschäftsherren auch dann nicht an das vom Prokuristen abgeschlossene Geschäft besteht, wenn die dritte Person bei einer im Geschäftsverkehr üblichen Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass der Prokurist seine Vertretungsmacht missbraucht hat. Obwohl es eine grundsätzliche Unbeschränkbarkeit der Prokura gibt, setzt das Gesetz selbst aber einige Grenzen. So ist der Prokurist etwa zur Veräußerung und zur Belastung von Grundstücken prinzipiell nicht befugt. Geschäfte dieser Art darf er nur dann vornehmen, wenn er dazu in einer besonderen Art bevollmächtigt wurde.

Trotz der Klausel über Immobilien ist der Prokurist aber berechtigt, ein Grundstück zu erwerben und für den nicht zur Gänze bezahlten Preis das gekaufte Grundstück mit einer Hypothek zu belasten. Man nennt dies auch eine Restkaufpreishypothek, denn hierbei handelt es sich nicht um die Belastung eines Grundstückes vom Unternehmer, sondern nur um eine sogenannte Erwerbsmidalität. Auch Prinzipalgeschäfte dürfen nicht von einem Prokuristen durchgeführt werden. Unter Prinzipalgeschäften versteht man Rechtshandlungen, die dem Unternehmer vom Gesetz persönlich zugewiesen sind. Dies ist etwa eine Anmeldung und Zeichnung seiner Firma im Firmenbuch. Aber selbst hierzu kann der Prokurist mit einer Spezialprokura bevollmächtigt werden. Weitere Prinzipalgeschäfte sind die Unterzeichnung des Jahresabschlusses und die Erteilung einer Prokura.

Grundlagengeschäfte dürfen ebenfalls nicht von einem Prokuristen durchgeführt werden. Grundlagengeschäfte sind all jene Geschäfte, bei denen die Grundlagen des Unternehmens betroffen sind. Dies kann bei einem Einzelunternehmen als auch bei einer Gesellschaft sein; solche Grundlagengeschäfte gehören nicht zum Betrieb eines Unternehmens. Solche Grundlagengeschäfte sind etwa die Einstellung oder die Veräußerung des Unternehmens, die Löschung oder die Änderung der Firma, der Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens, die Aufnahmen weiterer Gesellschafter oder sonstige Änderungen im Gesellschaftsvertrag.

Auch Privatgeschäfte des Unternehmers zählen zu Geschäften, die der Prokurist nicht abwickeln darf. Die Vertretungsmacht des Prokuristen beschränkt sich nämlich nur auf Geschäfte, die zum Betrieb des Unternehmens gehören. Natürlich kann der Unternehmer außerhalb der Prokura einer dritten Person oder auch dem Prokuristen eine Vollmacht zum Abschluss seiner Privatgeschäfte ausstellen. Dem Prokuristen ist es ebenso verboten, seine Prokura zu übertragen. Trotz des Übertragungsverbotes kann der Prokurist aber Handlungsvollmachten dritten Personen erteilen. Weitere Beschränkungen für den Prokuristen sind die Gesamtprokura und die Filialprokura. Bei einer Gesamtprokura sind zwei oder mehrere Prokuristen nur zum gemeinsamen Handeln befugt und die Filialprokura ist auf einen bestimmten räumlichen Umfang beschränkt.

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