Eingangs muss erwähnt werden, dass es im Rechtsmittelverfahren verschiedene Rechtsmitteln gibt, und zwar die Nichtigkeitsbeschwerde, die Strafberufung gegen Schöffenurteile und Geschworenenurteile, die Berufung gegen Urteile des Einzelrichters und des Bezirksgerichtes sowie die Beschwerde. Zur Rechtskraft ist zu sagen, dass wenn eine Entscheidung durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar ist, sie sodann formell rechtskräftig wird. Formelle Rechtskraft bedeutet, dass das Urteil oder der Beschluss in das betreffende Verfahren nicht mehr aufgehoben werden kann. Das führt wiederum dazu, dass das Verfahren damit zu Ende ist. Außerdem beginnen die Rechtswirkungen eines Urteils erst mit dessen formeller Rechtskraft.
Es muss beachtet werden, dass es zur formellen Rechtskraft kommt, wenn gegen eine Entscheidung überhaupt kein Rechtsmittel zulässig ist, wenn der zur Erhebung eines Rechtsmittels Berechtigte darauf verzichtet hat bzw. wenn der Berechtigte die Rechtsmittelfrist ungenutzt verstreichen ließ oder wenn die zweite Instanz über das Rechtsmittel entschieden hat und gegen diese Entscheidung kein weiterer Rechtszug vorgesehen ist. Es ist ebenso erwähnenswert, dass wenn ein Rechtsmittel erhoben wurde und danach jedoch wieder zurückgezogen wurde, die Rechtskraft des Urteils nicht erst mit Ablauf des Restes der Rechtsmittelfrist, sondern sofort eintritt.
In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass die materielle Rechtskraft auf die formelle Rechtskraft aufbaut. Unter materielle Rechtskraft ist die sachliche Wirkung des formell rechtskräftigen Urteils zu verstehen. Die materielle Rechtskraft bedeutet somit die Bindung des Gerichtes und der Parteien an die getroffene Entscheidung. Außerdem wird durch ein materiell rechtskräftiges Urteil das Verfolgungsrecht verbraucht. Daher darf über die betreffende Strafsache sodann kein weiterer Prozess und keine Untersuchung mehr stattfinden, und zwar unabhängig davon, ob die Entscheidung richtig oder falsch war. Dennoch darf es in Ausnahmefällen zu einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft in Form der Wiederaufnahme eines Verfahrens kommen.
Es ist ebenso erwähnenswert, dass mit Hilfe von Rechtsmittel die Möglichkeit geschaffen wird, eine Entscheidung der ersten Instanz anzufechten und durch ein höheres Gericht überprüfen zu lassen, ob ihr ein Fehler anhaftet. Grundsätzlich ist ein höherrangiges Gericht zur Entscheidung über ein Rechtsmittel zuständig. Außerdem kann mit der Erhebung eines Rechtsmittels der Urteilsspruch noch nicht vollzogen werden. Rechtsmittel müssen üblicherweise innerhalb einer bestimmten Frist eingebracht werden; dies wird als befristetes Rechtsmittel bezeichnet. Sollte sich ein Rechtsmittel jedoch gegen eine noch nicht rechtskräftig gewordene Entscheidung richten, spricht man von einem ordentlichen Rechtsmittel. Jedoch werden ausnahmsweise auch Rechtsmitteln gegen bereits rechtskräftige Entscheidungen zugelassen; dies wird als außerordentliches Rechtsmittel bezeichnet.
In diesem Zusammenhang ist es ebenso erwähnenswert, dass es von der Art des Gerichtes, das die Entscheidung in erster Instanz gefällt hat sowie von der Art der Entscheidung, die vorlag und vom Bereich der Entscheidung, der angefochten wird, abhängt, mit welchem Rechtsmittel eine Entscheidung angefochten werden kann. Hierbei kommen üblicherweise die drei wichtigsten Rechtsmittelarten in Betracht, und zwar die Nichtigkeitsbeschwerde, die Strafberufung und die volle Berufung. Es muss beachtet werden, dass sich die Nichtigkeitsbeschwerde nur gegen Urteile des Schöffengerichtes und Geschworenengerichtes richten und materielle sowie formelle Fehler erfasst. Über die Nichtigkeitsbeschwerde hat grundsätzlich der Oberster Gerichtshof in einer Zusammensetzung von fünf Berufsrichtern zu entscheiden.
Die Strafberufung wiederum ist ein Rechtsmittel gegen das Strafausmaß und gegen Maßnahmen. Außerdem betrifft die Strafberufung das Ermessen bezüglich des Sanktionsbereiches, das vom Erstgericht ausgeübt wurde. Sollte bei der Strafverhängung ein Recht verletzt werden oder in einer unvertretbaren Weise gegen Bestimmungen der Strafbemessung verstoßen, ist dies wiederum mit einer Nichtigkeitsbeschwerde geltend zu machen und nicht mit einer Strafberufung.
Die volle Berufung wiederum ist ein Rechtsmittel gegen Urteile des Bezirksgerichtes und des Einzelrichters beim Gerichtshof erster Instanz. Die Berufung umfasst als Nichtigkeitsberufung Fehler aus dem Bereich des materiellen und des formellen Rechtes und entspricht der Nichtigkeitsbeschwerde. Durch die Berufung in Form einer Strafberufung kann der Ausspruch über die Strafe bekämpft werden, während mit der Schuldberufung Fehler in der Beweiswürdigung, die zur Feststellung von tatrelevanten und schuldrelevanten Tatsachen geführt haben, geltend gemacht werden können. Es muss beachtet werden, dass sich mit der Berufung auch die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche bekämpfen lässt. Wenn jedoch alle genannten Bereiche bekämpft werden, liegt wiederum eine sogenannte volle Berufung vor. Dennoch kann mit der Berufung aber auch nur ein Teilbereich des Urteils angefochten werden. In solch einen Fall spricht man von einer Nichtigkeitsberufung, Strafberufung bzw. Schuldberufung oder Berufung wegen privatrechtlicher Ansprüche.
Zudem muss beachtet werden, dass über Berufungen gegen Entscheidungen des Bezirksgerichtes der Gerichtshof erster Instanz entscheidet, in dessen Sprengel sich das Bezirksgericht befindet. Wenn sich die Berufung jedoch gegen das Urteil des Einzelrichters beim Gerichtshof erster Instanz richtete, entscheidet der Gerichtshof zweiter Instanz darüber.
In diesem Zusammenhang muss ebenso berücksichtigt werden, dass die genannten Rechtsmittel sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Angeklagten erhoben werden können. Im Falle eines Freispruches kann ein Rechtsmittel jedoch nur zum Nachteil des Angeklagten erhoben werden. Ein Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten kann selbst vom Angeklagten oder von seinem Verteidiger ergriffen werden, wobei auch sein Ehegatte, seine Verwandten in aufsteigender und absteigender Linie sowie sein Vormund und der Staatsanwalt dazu berechtigt sind. Es muss aber beachtet werden, dass diese Personen, mit Ausnahme des Staatsanwalts, grundsätzlich nicht gegen den Willen des Beschuldigten ein Rechtsmittel erheben dürfen.
Es ist ebenso erwähnenswert, dass nur bei minderjährigen Beschuldigten die Eltern oder der Vormund sowie der Sachwalter bei besachwalteten Personen, auch gegen den Willen des verurteilten Minderjährigen ein Rechtsmittel ergreifen dürfen. Außerdem können der Verteidiger sowie der gesetzliche Vertreter des Betroffenen bei Entscheidungen über den Antrag auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher auch gegen den Willen des Betroffenen ein Rechtsmittel erheben. In Bezug auf die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche können neben dem Angeklagten auch dessen gesetzlicher Vertreter oder seine Erben ein Rechtsmittel erheben.
Außerdem gilt ein Rechtsmittel immer dann als zugunsten des Angeklagten erhoben, wenn dadurch eine Entscheidung herbeigeführt werden soll, die einen Vorteil hinsichtlich der Strafe bringt. Wenn die Strafe jedoch ohne Einbeziehung eines Faktums gleich geblieben wäre, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht als zugunsten des Angeklagten erhoben zu betrachten. Ein Rechtsmittel gilt auch dann als zugunsten des Angeklagten erhoben, wenn die Tat rechtlich falsch qualifiziert wurde. Zum Nachteil des Angeklagten können wiederum der Staatsanwalt und der Privatankläger ein Rechtsmittel ergreifen. Der Privatbeteiligte kann aber ein Rechtsmittel nur hinsichtlich der Verweisung auf den Zivilrechtsweg bzw. im Bezirksgerichtsverfahren und im Einzelrichterverfahren auch hinsichtlich der Höhe des ihm zugesprochenen Schadenersatzes erheben.
Es muss beachtet werden, dass das Recht, ein Urteil anzufechten, mit dem Tod des Angeklagten erlischt. Wenn aber ein Rechtsmittel zu Lebzeiten eingebracht wurde, wird dieses zwar gegenstandslos, aber das Urteil wird nicht rechtskräftig. Im Gegensatz dazu macht aber der Tod des Privatanklägers das bereits eingebrachte Rechtsmittel hingegen nicht gegenstandslos. Zudem muss beachtet werden, dass auch nach dem Tod des Angeklagten die Möglichkeit einer Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten besteht, welche die Personen verlangen können, die zur Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung berechtigt sind.
In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass wenn nur ein Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten erhoben wurde, über ihn somit keine strengere Strafe als jene Strafe der ersten Instanz verhängt werden darf. Dies wird als Verschlechterungsverbot bezeichnet und betrifft jedoch nicht die Gesamtsanktion, sondern nur jene einzelne Unrechtsfolge, wie etwa die Anzahl und die Höhe der Tagessätze oder der Ausspruch der bedingten Nachsicht bzw. die Probezeit. Wenn aber dem zugunsten des Angeklagten erhobenen Rechtsmittel auch ein zu seinem Nachteil erhobenes Rechtsmittel gegenüber steht, ist eine Verschlechterung wiederum erlaubt.