Die Grundsätze des Strafverfahrens




Eingangs muss erwähnt werden, dass Verfahrensgrundsätze gewisse Grundsätze sind, die bei der Gestaltung und bei der Durchführung des Verfahrens zu befolgen sind. Unter den Verfahrensgrundsätze fallen auf jeden Fall der Dispositionsgrundsatz, der abgeschwächte Untersuchungsgrundsatz, der Grundsatz der Mündlichkeit, der Grundsatz der Unmittelbarkeit, der Grundsatz der Öffentlichkeit sowie der Grundsatz der Verfahrenskonzentration und der Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs.

Unter Dispositionsgrundsatz versteht man, dass die Parteien über den Streitgegenstand frei verfügen können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dies dadurch zum Ausdruck kommt, dann nur ihnen die Verfahrenseinleitung obliegt, und dass sie durch ihre Sachanträge den Gegenstand der gerichtlichen Verhandlung und Entscheidung bestimmen, sowie dass die Parteien ebenso über den Streitgegenstand durch Anerkenntnis, Klagerücknahme, Verzicht und Vergleich verfügen können. Es muss jedoch beachtet werden, dass der Nachteil des Dispositionsgrundsatzes wiederum darin besteht, dass dieser Grundsatz die Entscheidungsgewalt des Gerichtes beschränkt, wobei sich dies insbesondere darin zeigt, dass das Gericht nicht berechtigt ist, eine Partei etwa zuzusprechen was nicht beantragt ist.

Der abgeschwächte Untersuchungsgrundsatz wiederum legt fest, dass es dem Richter nicht erlaubt ist von Anfang an ohne Behauptungen der Parteien nach Tatsachen zu forschen. Aus diesem Grund werden die Parteien zunächst aufgefordert alle notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und dafür auch die entsprechenden Beweise anzubieten. Außerdem wird bei einer Vollversäumnis das Vorbringen der erschienenen Partei für wahr gehalten. Der Grundsatz der Mündlichkeit legt fest, dass das Verfahren mündlich zu sein hat, in dem als Entscheidungsgrundlage nur das zu verwenden ist, was in einer mündlichen Verhandlung tatsächlich vorgebracht worden ist. Daher haben die Parteien mündlich vor dem erkennenden Gericht zu verhandeln, wobei sie mit ihren Anträgen sowie mit ihren Tatsachenbehauptungen, mit ihren Beweisen und Beweisanbietungen sowie mit den rechtlichen Ausführungen anzuhören sind.

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz wiederum drückt aus, dass ein Verfahren dann als unmittelbar betrachtet werden kann, wenn die Entscheidungsgrundlage des Gerichtes nur das ist, was sich vor dem erkennenden Gericht selbst abgespielt hat. In diesem Zusammenhang ist ebenso die sachliche Unmittelbarkeit zu beachten. Die sachliche Unmittelbarkeit legt nämlich fest, dass Beweise im Laufe der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aufzunehmen sind. Es ist ebenso erwähnenswert, dass sie sachliche Unmittelbarkeit oft abgeschwächt wird, denn wenn in einem anderen gerichtlichen Verfahren bereits über streitige Tatsachen ein Beweis aufgenommen worden ist, kann das Protokoll oder das Sachverständigengutachten hierüber als Beweismittel verwendet werden. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Zustimmung der Parteien jedoch dazu nötig ist, wenn die betreffenden Parteien nicht an dem früheren Verfahren beteiligt waren.

Außerdem sind nur jene Richter berechtigt das Urteil zu fällen, die an der zugrundeliegenden mündlichen Verhandlung auch teilgenommen haben. In diesem Zusammenhang muss jedoch berücksichtigt werden, dass bei einem Richterwechsel jedoch immer dann ein Nichtigkeitsgrund vorliegt, wenn der neue Richter sofort das Urteil gefällt hat, ohne davor eine neue Verhandlung durchgeführt zu haben.

Auch der Grundsatz der Öffentlichkeit muss beachtet werden, denn dieser meint die Volksöffentlichkeit und bringt zum Ausdruck, dass jede Person alle Prozesshandlungen der Parteien und des Gerichtes unmittelbar wahrnehmen kann, ohne dass sie daran ein besonderes Interesse nachweisen muss. Außerdem sind im österreichischen Zivilprozess die mündlichen Verhandlungen und die Entscheidungsverkündung vor dem erkennenden Gericht öffentlich, während jedoch Einvernehmungen, die außerhalb einer Verhandlung vor dem erkennenden Gericht stattfinden, wiederum nicht öffentlich sind, wie beispielsweise etwa im Rechtshilfeweg. Es ist erwähnenswert, dass in Ehesachen ebenso keine Volksöffentlichkeit besteht. Außerdem kann die Volksöffentlichkeit auch von Amts wegen ausgeschlossen werden, wenn die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung durch eine Volksöffentlichkeit als gefährdet erscheint bzw. wenn eine Verhandlungsstörung oder eine Erschwerung der Sachverhaltsfeststellung dadurch zu befürchten ist. Es ist jedoch erwähnenswert, dass ein ungerechtfertigter Ausschluss der Öffentlichkeit einen Nichtigkeitsgrund bildet.

Außerdem darf die Volksöffentlichkeit nicht mit der Parteiöffentlichkeit verwechselt werden. Denn die Parteiöffentlichkeit wiederum legt das Recht einer Partei fest, von allen Gerichtshandlungen und von allen Prozesshandlungen seines Gegners Kenntnis zu nehmen und an den Tagsatzungen teilzunehmen. Es ist ebenso erwähnenswert, dass Parteiöffentlichkeit ebenso bei Verhandlungen, bei denen die Volksöffentlichkeit ausgeschlossen ist, sowie bei Verhandlungen und Vernehmungen im Rechtshilfeverfahren und weiters auch im Eheverfahren besteht. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass auch die Verletzung der Parteiöffentlichkeit einen Nichtigkeitsgrund darstellt.

Das Ziel des Grundsatzes der Verfahrenskonzentration wiederum ist eine rasche Abwicklung des Abgabenverfahrens zu erreichen. Auch der Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs muss beachtet werden. Denn dieser besagt, dass jede Person, die durch eine gerichtliche Entscheidung in ihren Rechten betroffen wird, ein Recht darauf hat in dem Verfahren gehört zu werden, das zu dieser Entscheidung führt.

Bei den Verfahrensgrundsätzen des Strafprozesses kommen zu den soeben genannten Grundsätzen zusätzlich auch das Offizialprinzip, das Anklageprinzip, das Prinzip der materiellen Wahrheitsfindung und das Prinzip der Laienbeteiligung hinzu. Unter Offizialprinzip ist zu verstehen, dass nur der Staat berechtigt ist zu bestrafen, was wiederum bedeutet, dass das Recht den Täter für die strafbare Handlung zu verfolgen dem Staat obliegt, da der Täter von Amts wegen verfolgt wird. Außerdem bezweckt das Offizialprinzip, dass das Opfer der Straftat bei Offizialdelikten eine einmal erstattete Anzeige nicht mehr zurückziehen kann. Daraus kann somit entnommen werden, dass die durch die Straftat verletzte Person nur durch nichterstatten einer Anzeige verhindern kann, dass die Polizei bzw. der Staatsanwalt von der Straftat Kenntnis erlangt.

Das Anklageprinzip wiederum besagt, dass nur Taten gerichtlich verfolgt werden dürfen, die von einem berechtigten Ankläger angeklagt worden sind, wie beispielsweise etwa von einem Staatsanwalt oder von einem Privatankläger bei Privatanklagedelikten. Wenn jedoch ein berechtigter Ankläger fehlen sollte oder wenn der berechtigte Ankläger etwa von seiner Verfolgung zurücktreten sollte, muss das Gericht sodann das Verfahren einstellen, falls es sich noch nicht im Stadium der Hauptverhandlung befindet. Falls es jedoch bereits zu einer Hauptverhandlung gekommen sein sollte, muss das Gericht den Beschuldigten mit Urteil freisprechen. Außerdem hat das Anklageprinzip zur Folge, dass das Gericht nur jenes Vorkommen rechtlich beurteilen darf, das auch in Form eines Sachverhaltes angeklagt worden ist, wobei sich aus der Anklage jedoch die Tat und der Täter eindeutig ergeben müssen.

Das Prinzip der materiellen Wahrheitsfindung wiederum legt fest, dass das Gericht und die an der Strafverfolgung beteiligten Organe verpflichtet sind, mit allen rechtlichen zur Verfügung stehenden Mitteln, die Wahrheit zu ermitteln. Aus diesem Grund muss das Gericht etwa begründen, warum gerade ein Zeuge geglaubt wird und warum dem anderen Zeugen nicht geglaubt wird. Sollten trotz Würdigung der vorliegenden Beweise dennoch Zweifel bestehen bleiben, ist der Beschuldigte nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten, das heißt also in dubio pro reo, freizulassen bzw. ist den für ihn günstigeren Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Nach dem Prinzip der Laienbeteiligung hat das Volk ebenfalls an der Rechtsprechung mitzuwirken. Hierbei muss beachtet werden, dass Laien entweder als Schöffen oder als Geschworene im Prozess aufzutreten haben.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel