Entschädigung für erlittene Haft




Eingangs muss beachtet werden, dass man zwischen einer Entschädigung bei ungerechtfertigter Vorhaft und einer Entschädigung bei ungerechtfertigter Strafhaft unterscheidet. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der betreffenden Person alle vermögensrechtlichen Nachteile zu ersetzen sind, die ihr aus der Haft entstanden sind. Das bedeutet also, dass der betroffenen Person beispielsweise etwa ein Verdienstentgang zu ersetzen ist, wobei aber ein entgangener Gewinn wiederum nicht abzugelten ist. Außerdem kann der Verhaftete ebenso die Zurückzahlung aller Kosten verlangen, welche er für den Verteidiger aufzuwenden hatte, um die unbegründete Haft bekämpfen zu können. Immaterielle Nachteile, die aus der Haft entstanden sind, werden jedoch nicht entschädigt, wie beispielsweise etwa Schmerzensgeld. Das bedeutet also, dass der Verhaftete für den Verlust der Lebensjahre, die er in Strafhaft verbracht hat, daher keinen Ersatz erhält, soweit daraus kein Vermögensschaden abgeleitet werden kann.

Die Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch bei ungerechtfertigter Vorhaft ist, dass der Geschädigte durch ein inländisches Gericht gesetzwidrig in vorläufige Verwahrungshaft oder Untersuchungshaft genommen worden ist. Es ist ebenso erwähnenswert, dass die Haft dann als gesetzwidrig zu betrachten ist, wenn sie ohne gesetzliche Grundlage verhängt worden ist oder über eine gesetzliche Grenze hinaus aufrechterhalten wurde. Außerdem muss diese gesetzwidrige Vorgangsweise zum Schaden der betroffenen Person geführt haben. Wenn der Schaden jedoch auch bei rechtmäßigem Verhalten des Gerichtes eingetreten wäre, fehlt somit mangels Rechtswidrigkeitszusammenhang die Voraussetzung um einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen zu können. Ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht beispielsweise etwa zwischen der Unterlassung der Durchführung einer Haftverhandlung und dem Schadenseintritt durch die Fortsetzung der Haft. Eine Entschädigung ist weiters ebenso zu leisten, wenn der Verdächtige von der Tat, die zur Verwahrung oder Untersuchungshaft geführt hatte, nachträglich freigesprochen wurde bzw. wenn das Verfahren eingestellt wurde. Dafür muss jedoch zusätzlich der Tatverdacht entkräftet worden sein oder die Verfolgung aus Gründen ausgeschlossen gewesen sein, die bereits zur Zeit der Anhaltung bestanden hatten.

Hierbei muss beachtet werden, dass sich die Ersatzpflicht in erster Linie auf die strafgerichtliche Anhaltung bezieht, wobei diese strafgerichtliche Anhaltung jedoch der vorläufigen Verwahrung durch eine inländische Verwaltungsbehörde gleichgestellt wird, die im Dienst der Strafjustiz vorgenommen wurde. Es ist aber erforderlich, dass eine gerichtliche Verwahrung bzw. eine Untersuchungshaft oder eine Auslieferungshaft diese verwaltungsbehördliche Verwahrung vorangegangen ist oder über das gesetzlich zulässige Maß hinaus ausgedehnt worden ist.

Auch die Entschädigung bei ungerechtfertigter Strafhaft muss berücksichtigt werden. Ersatz ist nämlich auch für die Haft zu leisten, die der Beschuldigte nach rechtskräftiger Verurteilung erlitten hatte, wenn der vorausgegangene Schuldspruch später aufgehoben wurde und es zum Freispruch des Beschuldigten kam. Das soeben Gesagte gilt auch, wenn das Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wurde oder wenn er zu einer milderen Strafe verurteilt wurde. Es muss beachtet werden, dass es aufgrund einer Wiederaufnahme bzw. einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes oder aufgrund einer außerordentlichen Wiederaufnahme durch den Obersten Gerichtshof zu solch einer Änderung gekommen sein kann.

Es ist ebenso erwähnenswert, dass ein Ersatzanspruch unter Umständen ausgeschlossen sein kann. Ein Ersatzanspruch ist auf jeden Fall dann ausgeschlossen, wenn der Geschädigte selbst den Verdacht vorsätzlich herbeigeführt hatte bzw. wenn die gesetzwidrige oder ungerechtfertigte Haft bereits auf eine andere Strafhaft angerechnet wurde. Ein Ersatzanspruch ist ebenso dann ausgeschlossen, wenn der Geschädigte bei der ungerechtfertigten Haft oder bei der Strafhaft später nur aufgrund dessen freigesprochen oder außer nicht verfolgt wurde, weil er die Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hatte. Wenn der Geschädigte erst durch eine Gesetzesänderung günstiger gestellt worden ist, führt dies ebenfalls dazu, dass ein Ersatzanspruch ausgeschlossen ist. Außerdem verjährt der Ersatzanspruch in drei Jahren. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Verjährungsfrist mit der Rechtskraft des Beschlusses des betreffenden Gerichtes zu laufen beginnt, das über die Voraussetzungen des Ersatzanspruches entschieden hatte.

In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass sich das Verfahren zur Feststellung des Ersatzanspruches in zwei Anschnitte gliedert, und zwar die Feststellung des Ersatzanspruches dem Grunde nach und die Entscheidung über die Höhe der Ersatzleistung. In Bezug auf die Feststellung des Ersatzanspruches dem Grunde nach muss beachtet werden, dass bei der gesetzwidrigen Anhaltung auf Antrag des Staatsanwalts oder des Angehaltenen der Gerichtshof, der jenem Gericht übergeordnet ist, das die vorläufige Anhaltung angeordnet hatte, für die Entscheidung über die Frage zuständig ist, ob die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Wenn es sich dabei um den Gerichtshof erster Instanz handelt, ist die Ratskammer zur Entscheidung zuständig. Bei Ansprüchen aus ungerechtfertigter Haft ist jenes Gericht zuständig, welches freispricht bzw. das Verfahren einstellt oder milder verurteilt. Dieses Gericht hat von Amts wegen zu entscheiden, wobei die Entscheidung als Beschluss zu ergehen hat. Dieser Beschluss wird jedoch bei der Urteilsfällung nicht verkündet, sondern gesondert zugestellt. Sollte das Verfahren durch Beschluss des Untersuchungsrichters eingestellt werden, entscheidet wiederum die Ratskammer. In beiden soeben genannten Fällen kann der Beschuldigte, aber auch der Staatsanwalt, Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof erheben.

Es muss beachtet werden, dass das Gericht bei der Haftentschädigung dem Grunde nach entscheidet, und zwar auch wenn keine Nachteile aus der Aktenlage ersichtlich sind. Dazu muss der Angehaltene in einer öffentlichen Verhandlung gehört werden. Wenn die Geschworenen nicht sofort entscheiden können, entscheidet sodann ein Drei-Richter-Senat des Gerichtshofs erster Instanz. Bei einem Verzicht auf Entschädigungsleistung ist kein Beschluss notwendig. Solch ein Verzicht kann nach Belehrung und Anhörung abgegeben werden. Hierbei ist zu beachten, dass ein späterer Widerruf des Verzichtes nicht mehr möglich ist, und zwar auch dann nicht, wenn später neue rechtliche Tatsachen aufgetaucht sind.

In Bezug auf die Entscheidung über die Höhe der Ersatzleistung muss berücksichtigt werden, dass der Betroffene aufgrund des Entschädigungsbeschlusses den Bund um die Anerkennung seiner Ersatzansprüche aufzufordern hat. Sollte es diesbezüglich zu einem Streitfall kommen, entscheidet das Zivilgericht über die Höhe des Ersatzanspruches. Hierbei ist das Zivilgericht jedoch an die rechtskräftige Entscheidung des Strafgerichtes über den Anspruchsgrund gebunden und hat nur über die Höhe der zustehenden Ersatzansprüche zu entscheiden.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel