Ziel und Grundsätze des Ermittlungsverfahrens




Eingangs muss beachtet werden, dass das Ermittlungsverfahren der für die Parteien wesentlichste Teil des Verwaltungsverfahrens in der ersten Instanz ist. Das Ermittlungsverfahren bildet nämlich eine Möglichkeit für die aktive Mitwirkung der Parteien zum Zwecke der Darlegung von Rechtsstandpunkten und zur Vorbringung der Interessen. Es ist ebenso erwähnenswert, dass der Zweck des Ermittlungsverfahrens die Feststellung des Sachverhalts ist, der für die Erledigung einer Verwaltungssache wesentlich ist, sowie die Einräumung der Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen an die Parteien ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat und ermächtigt ist, den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Außerdem kann die Behörde eine mündliche Verhandlung anordnen, soweit sie solch eine als erforderlich erachtet. Bei der Festlegung des Verfahrensablaufes muss die Behörde auf Zweckmäßigkeit, Raschheit sowie Einfachheit und Kostenersparnis Rücksicht nehmen.

Wenn die Sache zur Entscheidung reif ist, kann die Behörde das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklären. Nach solch einer Erklärung sind neue Tatsachen und Beweismittel nur dann zu berücksichtigen, wenn sie allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Verfahrensergebnis eine anders lautende Entscheidung in der Sache herbeiführen könnten. Das bedeutet also, dass die Behörde gewisse Anträge, die nach der Erklärung über den Verfahrensschluss einlangen, zwar prüfen wird aber nur dann zu behandeln hat, wenn sie für den Ausgang des Verfahrens Bedeutung haben können.

Es ist erwähnenswert, dass die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes das Ziel des Ermittlungsverfahrens ist. Außerdem stellt die Erreichung des maßgebenden Sachverhaltes grundsätzlich eine Bedingung für die Erlassung eines Bescheides dar. Einen Bescheid zu erlassen bedeutet nämlich jene rechtlichen Folgen anzuordnen, die ein Gesetz für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes vorsieht. Es muss beachtet werden, dass der maßgebende Sachverhalt die Grundlage für die Anordnung von Rechtsfolgen ist. Als Beispiel hierfür wäre zu nennen, dass die als Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens getroffene Feststellung, dass eine Betriebsanlage, um deren Genehmigung angesucht wurde, Emissionen verursacht, die wiederum über zulässigen Grenzwerte liegen und dass aus diesen Grund eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, somit die Grundlage für die Abweisung des Antrages ist. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass die Feststellung, dass die Emissionen unter den Grenzwerten liegen und somit die Gesundheit der Nachbarn nicht gefährden, dagegen die Grundlage für die Erteilung einer Bewilligung ist.

Außerdem ist der maßgebende Sachverhalt auch die Grundlage für die rechtliche Wirkung eines Bescheides. Denn die in einem Bescheid erteilte Berechtigung bezieht sich nämlich nur auf das, was als maßgebender Sachverhalt festgehalten worden ist. Daher kann aus dem Gesagten entnommen werden, dass der maßgebende Sachverhalt die Sache umschreibt, über die nach Eintritt der materiellen Rechtskraft nicht noch einmal entschieden werden kann. In diesem Zusammenhang müssen ebenso die Grundsätze des Ermittlungsverfahrens beachtet werden. Diese sind der Grundsatz der arbiträren Ordnung, der Grundsatz der Verfahrensverbindung und Verfahrenskoordination, der Grundsatz der Amtswegigkeit behördlichen Vorgehens, der Grundsatz der materiellen Wahrheit, der Grundsatz des Parteiengehörs sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel.

Der Grundsatz der arbiträren Ordnung legt fest, dass es der Behörde obliegt, nach den Gegebenheiten des Einzelfalles selbst festzulegen, auf welche Weise sie das Ermittlungsverfahren durchführen will. Hierbei ist zu beachten, dass für das traditionelle Verwaltungsverfahren kein allgemeines Gebot der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit besteht. Das bedeutet, dass die Behörde nicht verpflichtet ist, mit den Parteien unmittelbar in Kontakt zu treten. Dennoch kann eine mündliche Verhandlung in Verwaltungsvorschriften zwingend vorgesehen sein. Es liegt aber grundsätzlich im Ermessen der Behörde, eine mündliche Verhandlung anzuordnen oder nicht. Es muss beachtet werden, dass die Behörde mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden kann oder sie wieder trennen kann.

Der Grundsatz der Verfahrensverbindung und Verfahrenskoordination besagt, dass wenn nach den Verwaltungsvorschriften für ein Vorhaben mehrere Bewilligungen bzw. Genehmigungen oder bescheidmäßige Feststellung notwendig sind, die Behörde sodann die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden hat und mit den von anderen Behörden geführten Verfahren zu koordinieren hat. Eine getrennte Verfahrensführung ist jedoch dann zulässig, wenn sie im Interesse der Zweckmäßigkeit sowie Raschheit und Kostenersparnis liegt.

Auch der Grundsatz der Amtswegigkeit behördlichen Vorgehens, der auch als Offizialmaxime bezeichnet wird, muss beachtet werden. Wenn nicht ausdrücklich ein Antrag für die Tätigkeit der Behörde vorgesehen ist, ist die Behörde verpflichtet von sich aus tätig zu werden. Es ist ebenso erwähnenswert, dass der Grundsatz der materiellen Wahrheit aus dem Grundsatz der Amtswegigkeit behördlichen Vorgehens abgeleitet wird. Die Ermittlung der materiellen Wahrheit liegt im öffentlichen Interesse. Daher ist die Pflicht zum amtswegigen Vorgehen auch sogleich als Pflicht zur amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit zu betrachten. Da die Behörde vielmehr den Wahrheitsgehalt zu prüfen hat, darf sie nicht das, was von den Parteien außer Streit gestellt wird, ohne weiteres für wahr halten. Grundsätzlich tritt die Behörde die Beweislast. Denn Beteiligte trifft nur dann die Beweislast, wenn dies in einem Gesetz vorgesehen ist. Daraus kann aber nicht entnommen werden, dass Parteien keine Beweisanträge stellen dürfen.

Es muss beachtet werden, dass die Parteien im Ermittlungsverfahren in gewissem Umfang zur Mitwirkung verpflichtet sind. Denn die Partei muss nämlich auch im Ermittlungsverfahren prozessuale Rechte tatsächlich ausüben, die ihr zur Wahrnehmung von Interessen eingeräumt sind, wie beispielsweise etwa das Recht zu einem Gutachten Stellung zu nehmen. Außerdem muss die Partei behördliche Tätigkeiten zur Feststellung eines Sachverhaltes ermöglichen, die nur bei Mitwirkung der Partei zielführend sein können. Sollte die Partei jedoch Handlungen unterlassen, zu denen sie verpflichtet ist, kann der Behörde somit ein dadurch bewirktes Unterlassen von Erhebungen bzw. ein mangelndes Ergebnis von Erhebungen nicht vorgeworfen werden.

Der Grundsatz des Parteiengehörs wiederum legt fast, dass die Behörde den Parteien ermöglichen soll, alles vorzubringen, was ihren Rechtsstandpunkt stützt. Außerdem muss sich die Behörde mit diesen Parteienvorbringen auseinander setzen. Es ist ebenso erwähnenswert, dass eine Verletzung des Parteiengehörs daher als Verfahrensfehler anzusehen ist. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass die Behörde an keine Beweisregel gebunden ist. Auch der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel muss berücksichtigt werden. Denn dieser Grundsatz besagt, dass als Beweismittel alles herangezogen werden kann, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet ist und nach der Lage des Einzelfalles dienlich ist.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel