Voraussetzungen und Funktion der Vorsorgevollmacht




Wenn eine Person für den Fall, dass sie die Geschäftsfähigkeit oder die Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder die Äußerungsfähigkeit verliert, bestimmen möchte, wer in diesen Fällen zur Besorgung gewisser Angelegenheiten zuständig ist, so kann sie eine so genannte Vorsorgevollmacht erstellen. Liegt eine solche nicht vor, so kommt es in derartigen Fällen zur Bestellung eines Sachwalters bzw. zur im Gesetz vorgeschriebenen Vertretungsmacht der nahen Angehörigen. Die Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit sich durch eigene Erklärungen zu berechtigen und zu verpflichten. Die volle Geschäftsfähigkeit ist ab dem 18. Lebensjahr gegeben. Eine Person ist einsichts- und urteilsfähig solange sie die Konsequenzen ihrer Entscheidungen überblicken und richtig einschätzen kann, wobei diese Beurteilung sich am Einzelfall orientiert. Die Unterscheidung zwischen Geschäftsfähigkeit einerseits und Einsichts- sowie Urteilsfähigkeit andererseits ist jedoch zu vernachlässigen, da beides normalerweise zusammenfällt. Im Zeitpunkt der Errichtung muss die Person noch ausreichend geschäfts- bzw. einsichts- und urteilsfähig sein, wobei in beschränktem Umfang auch Nicht-Volljährige und Besachwalterte eine Vollmacht errichten können.

Beispiel: A ist 17 Jahre alt und arbeitet als Kassier im Supermarkt. Da er an einer unheilbaren Krankheit leidet, die sich in ihrem Verlauf auch auf seinen Geisteszustand negativ auswirken wird, beschließt er eine Vorsorgevollmacht zu errichten. Als 17-Jähriger ist A beschränkt geschäftsfähig, d.h. er kann über sein eigenes Erwerbseinkommen und Sachen die ihm zur freien Verfügung überlassen wurden verfügen (soweit er seinen Lebensunterhalt nicht gefährdet). A kann somit den B ermächtigen über sein vom Verdienst Erspartes und über den PkW den er zu seinem Geburtstag bekommen hat, Verfügungen zu treffen, sobald er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Vollmacht höchstpersönlich, d.h. von der Person, die versorgt werden soll, und nicht etwa von einem Sachwalter erteilt wird. Was die Person des Bevollmächtigten angeht, so darf diese nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, in der sich der Vollmachtgeber aufhält oder von der dieser betreut wird. Ist man sich nicht sicher den Bevollmächtigten zu überleben, so besteht auch die Möglichkeit Ersatzbevollmächtigte zu bestellen. Bevollmächtigter kann auch beispielsweise eine Rechtsanwaltskanzlei oder ein Verein der auf derartige Betreuungen spezialisiert ist, sein.

Was den Inhalt betrifft, so kann die Vollmacht einerseits auf den Fall des Verlusts der Geschäftsfähigkeit oä. wirksam werden, oder andererseits bereits vor diesem wirken, wobei die Aufträge an den Bevollmächtigten erst bei eingetretener Geschäftsunfähigkeit gelten. Im ersten Fall muss bei Verlust der Geschäftsfähigkeit o.ä. ein ärztliches Gutachten eingeholt werden, um die Wirksamkeit bestätigen zu können. Der Umfang der Vollmacht kann vom Vollmachtgeber frei bestimmt werden, wobei die einzelnen Angelegenheiten die besorgt werden sollen (z.B.: Behördengänge, Vermögensverwaltung, Entscheidung über (Pflege-) Betreuung, o.ä.) bestimmt angeführt werden müssen, d.h. (um Missbrauch zu verhindern) reicht es nicht aus eine sog. Generalvollmacht (für sämtliche Angelegenheiten) zu erteilen. Die Form der Vorsorgevollmacht betreffend ist festzuhalten, dass sie grundsätzlich eigenhändig, also handschriftlich verfasst und unterschrieben sein sollte. Wurde sie vom Vollmachtgeber nicht eigenhändig verfasst, sondern lediglich von ihm unterschrieben, so muss er in Gegenwart dreier unbefangener, eigenberechtigter (d.h. volljähriger und voll geschäftsfähiger) Zeugen (d.h. keiner dieser Zeugen darf durch das Schriftstück bevollmächtigt sein) erklären, dass der Inhalt seinem Willen entspricht. Wird die Urkunde vom Vollmachtgeber (aus welchen Gründen auch immer) nicht unterschrieben, so hat die Bestätigung der Vollmacht vor einem Notar zu erfolgen.

Abweichend davon gelten strengere Formvorschriften, wenn die Vollmacht Einwilligungen in, schwerwiegende bzw. nachhaltig beeinträchtigende, medizinische Behandlungen, Entscheidungen über dauerhafte Änderungen des Wohnortes sowie die Besorgung von weitreichenden Vermögensangelegenheiten, wie beispielsweise etwa die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Veräußerung von Unternehmen, o.ä., enthalten soll. In diesen Fällen muss die Vollmacht unter ausdrücklicher Bezeichnung dieser Angelegenheiten vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder bei Gericht erstellt werden. Damit die Vorsorgevollmacht jederzeit auffindbar und einsehbar ist, kann sie von einem Notar oder Rechtsanwalt in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) eingetragen werden. Die Möglichkeit eine Vorsorgevollmacht zu errichten kann sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen. Als Vorteil ist vor allem zu sehen, dass der Vollmachtgeber frei bestimmen kann wer im Falle des Verlusts der Geschäfts- bzw. Einsichts- und Urteilsfähigkeit in der Zukunft seine Angelegenheit regeln soll und in welchem Umfang. Der Betroffene muss sich keinen Sachwalter vom Gericht aufdrängen lassen, sondern kann eine echte Vertrauensperson hierfür wählen. Außerdem kann die Vorsorgevollmacht auch in Fällen der zeitlich begrenzten Einschränkung von Geschäfts- oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorgesehen werden, wie beispielsweise bei manisch-depressiven Personen.

Potentiell nachteilig ist jedoch die Missbrauchsgefahr, da dem Bevollmächtigten zum Teil eine erhebliche Macht über die Person und das Vermögen des Vollmachtgebers in die Hände gegeben wird. Man sollte sich die Person der man u.U. eine solche Machtfülle anvertraut, genau aussuchen, ansonsten besteht schließlich immer noch die Möglichkeit einen Sachwalter an die Seite gestellt zu bekommen. Des Weiteren ist eine Vollmacht durch den Vollmachtgeber, wenn dieser sich bereits im Zustand der geistigen Beschränkung befindet naturgemäß nicht mehr widerrufbar.

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