Heilbehandlungen an Kindern




Unter Heilbehandlung ist auf jeden Fall die herkömmliche Heilbehandlung, die diagnostische, prophylaktischen und schmerzlindernden Maßnahmen sowie Transplantationen, Transfusionen, kosmetische Operationen und das Verabreichen von Medikamenten zu verstehen. Auch die Einwilligung von Minderjährigen in eine medizinische Heilbehandlung ist gesetzlich geregelt, denn das Recht auf Einwilligung oder Verweigerung zu einer medizinischen Heilbehandlung zählt zu den höchstpersönlichen Rechten eines Menschen auf Selbstbestimmung. Daraus ist zu entnehmen, dass nunmehr auch die Rechtsstellung der Kinder gestärkt wurde. Grundsätzlich muss der einsichtsfähige und urteilsfähige Minderjährige selbst der medizinischen Behandlung zustimmen. Einsichtsfähigkeit und Urteilsfähigkeit wird ab dem vierzehnten Lebensjahr vermutet. Somit muss davor vom behandelnden Arzt beurteilt werden, ob beim Minderjährigen überhaupt die nötige Einsichtsfähigkeit vorliegt. Wenn der Arzt der Meinung ist, dass der Minderjährige nicht einsichtsfähig ist und daher auch nicht die Zustimmung zu einer notwendigen Behandlung erteilen kann, muss er diese fehlende Einsichtsfähigkeit dokumentieren und beweisen. Bei fehlender Einsichtsfähigkeit und Urteilsfähigkeit des Minderjährigen muss der Arzt unbedingt die Zustimmung der Eltern zur Vornahme der medizinischen Behandlung einholen.

Bei der medizinischen Heilbehandlung wird zwischen einer leichten Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder Persönlichkeit und einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder Persönlichkeit unterschieden. Eine leichte Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder Persönlichkeit liegt z.B. bei einer einfachen und risikolosen Operation oder bei Medikamentenverabreichung, wie Psychopharmaka, vor. Falls eine leichte Beeinträchtigung vorliegen sollte, reicht die Zustimmung des einsichtsfähigen und urteilsfähigen Minderjährigen. Eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder Persönlichkeit wird z.B. bei einer Gesundheitsschädigung oder bei einer Medikamentenverabreichung angenommen, die länger als vierundzwanzig Stunden dauert. Eine nachhaltige Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder Persönlichkeit wiederum wird angenommen, wenn die Beeinträchtigung dauerhaft bzw. sehr schwer wieder beseitigt werden kann, wie beispielsweise bei kosmetischen Operationen oder bei Medikamentenverabreichung, die die Persönlichkeit auf Dauer verändern. Bei einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung muss daher auch der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen in der medizinischen Behandlungsmaßnahme zustimmen.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Minderjährige bei vorhandener Einsichtsfähigkeit und Urteilsfähigkeit nicht die Zustimmung der Eltern braucht. In Bezug auf Abtreibungen ist zu sagen, dass diese zwar keine medizinischen Behandlungen darstellen, aber die minderjährige Schwangere selbst über solch einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden kann, wenn sie einsichtsfähig und urteilsfähig ist. Sollte jedoch die Einsichtsfähigkeit und Urteilsfähigkeit fehlen, müssen die Eltern bzw. die gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen über die Abtreibung entscheiden. Ausnahmsweise ist jedoch die Einwilligung des einsichtsfähigen und urteilsfähigen Minderjährigen sowie die Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter dann nicht erforderlich, wenn Gefahr im Verzug gegeben ist und die Behandlung dringendst notwendig ist, sodass der Aufschub, der mit der Einholung der Einwilligung bzw. Zustimmung verbunden ist, das Leben des Minderjährigen gefährden würden bzw. mit der Gefahr einer schweren Schädigung seiner Gesundheit verbunden wäre.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel