Kollektivverträge: Was ist das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht?




Kollektivverträge sind eine Besonderheit des Arbeitsrechts. Die Wirkung ist ähnlich einem Gesetz. Kollektivverträge enthalten zwingende Vorschriften, die nicht umgangen werden können. Ein Arbeitsvertrag darf dem Kollektivvertrag nicht widersprechen. Auch eine Betriebsvereinbarung hat sich an den kollektivvertraglichen Regelungen zu orientieren. Der Stufenbau der Rechtsquellen im Arbeitsrecht sieht daher folgendermaßen aus: Ganz oben steht das Gesetz. Weder Kollektivverträge, noch Betriebsvereinbarungen, noch Arbeitsverträge dürfen dem Gesetz widersprechen. An zweiter Stelle stehen die Kollektivverträge. Die Gesetze lassen doch einige Lücken offen, z.B. im Bereich der Löhne. Diese Lücken werden durch den Kollektivvertrag beseitigt. Darunter stehen Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung, diese dürfen weder dem Gesetz, noch den Kollektivverträgen entgegenstehen. Viele Regelungen und Leistungen, die mittlerweile als normale Standards gelten, sind gesetzlich nicht verankert. Diese wurden durch Kollektivverträge ausgehandelt. Beispiele dafür sind die Remunerationen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, Mindestlöhne, sowie Arbeitszeitmodelle.

Das Günstigkeitsprinzip zieht sich durch das gesamte Arbeitsrecht hindurch und ist besonders für die Anwendung von Kollektivverträgen von Bedeutung. Es besagt nämlich, dass Vereinbarungen bzw. Regelungen, die für den Arbeitnehmer günstiger sind, zulässig sind. Die Kollektivverträge enthalten einen Mindeststandard. Etwa bei den Löhnen spricht man von Mindestlöhnen, Arbeitgeber dürfen aber auch höhere Löhne bezahlen. Geringere Löhne sind nicht zulässig.

Kollektivverträge werden von so genannten Kollektivvertragsparteien geschlossen. Solche Parteien sind Vertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Diese Vertretungen können sowohl gesetzliche, als auch freiwillige Interessensvertretungen sein. Wichtig ist vor allem, dass sie unabhängig sind. Unabhängig bedeutet, dass die eine Seite von der anderen finanziell nicht abhängig sein darf. Eine Gewerkschaft etwa, die von Arbeitgebern durch Geldzahlungen gestützt wird, ist nicht unabhängig. Den freiwilligen Interessensvertretungen ist gegenüber den gesetzlichen der Vorzug zu geben. Über die Kollektivvertragsfähigkeit der Parteien entscheidet das Bundeseinigungsamt. Die Zuerkennung ist im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundzumachen. Das Bundeseinigungsamt ist ebenso für die Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit zuständig. Die Kosten für das Verfahren hat die Interessensvertretung zu begleichen.

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