Ein Unternehmer kann anderen Unternehmern gegenüber schadenersatzpflichtig werden, wenn er unlautere Geschäftspraktiken anwendet. Eben zum Beispiel einen Verbraucher mit Geschenken beim Vertragsabschluss beeinflusst, um die Konkurrenz auszuschalten. Dabei muss der Unternehmer das wirtschaftliche Verhalten eines Durchschnittsverbrauchers wesentlich beeinflussen. Wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers bedeutet die Anwendung einer Geschäftspraxis, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der Ausdruck geschäftliche Entscheidung bezeichnet jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen, eine Zahlung insgesamt oder teilweise leisten, ein Produkt behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit dem Produkt ausüben will, und zwar unabhängig davon, ob der Verbraucher beschließt, tätig zu werden oder ein Tätigwerden zu unterlassen.
Keine unlauteren Geschäftspraktiken sind anerkannten Werbe- und Marketingmethoden wie rechtmäßige Produktplatzierung, Markendifferenzierung oder Anreize, die auf rechtmäßige Weise die Wahrnehmung von Produkten durch den Verbraucher und sein Verhalten beeinflussen können, die jedoch seine Fähigkeit, eine informierte Entscheidung zu treffen, nicht beeinträchtigen. Das bloße Verteilen von Gratiskostproben eines Molkedrinks, ist keine wesentliche Beeinflussung. Wird allerdings dem Verbraucher eine Gratisreise versprochen, wenn er ein bestimmtes Auto kauft, so trägt diese Geschenk maßgeblich zur Beeinflussung des Willens des Käufers bei.
Da Anbieter für ihren Erfolg auf dem Markt auf Geschäftsabschlüsse mit Verbrauchern als der Marktgegenseite angewiesen sind, sind ihre Geschäftspraktiken notwendigerweise darauf gerichtet, diese Geschäftsabschlüsse zu erreichen. Darin besteht auch die immanente wettbewerbliche Funktion jeder unternehmerischen Kommunikation, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Hätte zum Beispiel der Verbraucher nicht über eine Werbung für das konkrete Produkt erfahren, dass dieses Produkt überhaupt existiert, hätte er dieses nicht erworben. Die unternehmerische Kommunikation ist daher bereits aufgrund ihrer wettbewerblichen Funktion Voraussetzung für alle Geschäftsabschlüsse mit der Marktgegenseite. Wettbewerb ist somit ohne Einflussnahme auf den Verbraucher nicht möglich. Daher kann die Erheblichkeitsschwelle nur dahingehend verstanden werden, dass die Autonomie des Verbrauchers im Sinne von Konsumentensouveränität garantiert werden soll. Es kommt entscheidend darauf an, ob durch die Geschäftspraktik die äußere Handlungsfreiheit beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers bei Anreizen wie dem unentgeltlichen Anbieten von Tee oder Kaffee oder bei der kostenlosen Beförderung zum Geschäftsbetrieb liegt nicht vor. In diesen Fällen wird die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, nicht beeinträchtigt, da es dem Verbraucher freigestellt bleibt, ob er diese Anreize in Anspruch nimmt.
Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen einer wesentlichen Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Durchschnittsverbrauchers ist somit die Beherrschbarkeit der Beeinflussung durch den Verbraucher. Somit kann die Freiheit des Verbrauchers zur geschäftlichen Entscheidung dann immer noch als gewahrt angesehen werden, wenn sich der Verbraucher noch anders verhalten kann, als die unternehmerische Kommunikation dies von ihm verlangt. Der Appell, der durch die unternehmerische Kommunikation an ihn gerichtet wird, etwa ein Kaufappell, muss vom Verbraucher bei der Mobilisierung seiner Gegenkräfte noch beherrschbar sein.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beeinflussung des Abnehmers solange legitim ist, wie der Abnehmer sie erkennt und inhaltlich zumindest mitträgt. Im Zusammenhang mit unentgeltlichen Zuwendungen wird anzunehmen sein, dass eine wesentliche Beeinflussung dann vorliegt, wenn das Werbegeschenk wegen seiner starken Reizwirkung den Verbraucher in einem solchen Grad unsachlich beeinflusst, dass er seine Entscheidung nicht nach seiner Vorstellung über die Güte und Preiswürdigkeit der konkurrierenden Waren, sondern vornehmlich danach trifft, wie er in den Genuss des Zuwendung kommen kann. Keine wesentliche Beeinflussung wird daher in der Regel bei geringwertigen Zuwendungen vorliegen. So ist zum Beispiel davon auszugehen, dass die von der Werbung mit einem Einkaufsgutschein über geringe Beträge aus Anlass des Geburtstages von Kunden ausgehende Anreizwirkung vom Durchschnittsverbraucher durchwegs beherrscht werden kann.