Der Erbe und die Erbgrunsätze




Als Erbe wird derjenige bezeichnet, dem der Nachlass des Verstorbenen laut Erbrecht gebührt. Der Erbe wird auch Universalrechtssukzessor oder Gesamtrechtsnachfolger genannt. Wenn der Nachlass dabei nur einer einzelnen Person gebührt, so spricht man von einem Alleinerben, bei einer Personenmehrheit wird von einer Erbgemeinschaft gesprochen, die sogenannten Miterben müssen sich den Nachlass untereinander teilen.

Das Österreichische Erbrecht richtet sich nach zwei Hauptgrundsätzen: Der Testierfreiheit und der Familienerbfolge.

Unter Testierfreiheit versteht man dabei, dass jeder die Freiheit hat, ein eigenes, spezifisches Testament, einen letzten Willen aufzusetzen, in dem er seine Erben selbst definieren und bestimmen kann. Eine einzige Einschränkung der eben genannten Testierfähigkeit findet sich im sogenannten Pflichtteilsrecht wieder, welches besagt, dass bestimmte Personen von einer gewissen Nachlasssumme nicht ausgeschlossen werden können, sei es nun durch ein Testament oder durch einen Erbvertrag. So kann beispielsweise eine Mutter, die in ihrem Verwandtenkreis nur noch einen Sohn hat, nicht ihren gesamten Nachlass einem x-beliebigen Menschen vermachen; ein gewisser, vom Gesetz definierter Betrag gebührt verpflichtend allerdings immer dem Sohn im konkreten Beispiel. Wie Sie später in einem gleichnamigen Kapitel erfahren werden, kann dieser Pflichtteil allerdings, dafür ausschließlich nur durch eine sogenannte Pflichtteilsminderung um die Hälfte gekürzt werden.

Neben der Testierfreiheit existiert, wie eingangs erwähnt, die Familienerbfolge. Oft nämlich kommt es vor, dass Verstorbene zu Lebzeiten nicht Gebrauch von ihrer Testierfreiheit gemacht haben, es existieren also kein Testament oder auch kein Erbvertrag. Nun also muss das Gesetz selbst regeln, wie der etwaige Nachlass aufgeteilt werden soll. Mit genau dieser Aufteilung beschäftigt sich somit die Familienerbfolge. Bei der Familienerbfolge, welche ausschließlich nur dann zur Anwendung kommt, wenn kein Gebrauch von der Testierfreiheit gemacht wurde, kommen vorwiegend Blutsverwandte und der jeweilige Ehegatte in Frage, wenn es um den Nachlass des Verstorbenen geht. In der Praxis spielt die Familienerbfolge die deutlich größere Rolle im Erbrecht.

Das Erbrecht ist, also konkret das Recht überhaupt erben zu dürfen, ist kein Recht, wie jedes andere. Die Besonderheit des Erbrechts liegt darin, dass es zu Lebzeiten, auch trotz bestehendem Testaments beispielsweise, nicht existiert. Über das Erbrecht kann nicht einmal verfügt werden - es entsteht definitiv erst zum Zeitpunkt des Todes des jeweiligen Erblassers. Diese Entstehung des Erbrechts im Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen wird Erbanfall genannt. Darüber hinaus kann auch nur derjenige Erbe werden, der den Verstorbenen zumindest kurz selbst überlebt hat.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Verunglückt eine Familie bestehend aus Mutter, Vater und Tochter tödlich bei einem Autounfall, so kann die Tochter definitiv nicht Erbe ihrer Eltern werden. Dies könnte sie allerdings schon, wenn sie beispielsweise erst, wenn auch nur wenige Minuten danach, im Krankenhaus zeitlich nach ihren Eltern verstirbt. Wenn also die Tochter selbst Mutter ist, und beispielsweise einen Sohn hinterlässt, so geht das Erbe ihrer eigenen Eltern nach ihrem eigenen Tod direkt an ihren Sohn. Diese Weiterleitung des Erbes in solch einem Fall wird Transmission genannt. Kann allerdings nicht mehr festgestellt werden, zu welchem genauen Zeitpunkt wer verstorben ist, so gilt in Österreich die sogenannte Kommorientenpräsumtion, welche besagt, dass die Verstorbenen gleichzeitig verstorben sind. Diese Tatsache wird also im Zweifelsfall vermutet.

In Österreich besteht auch die Möglichkeit, ein noch gar nicht geborenes Lebewesen zu beerben. Das gilt jedenfalls für den sogenannten Nasciturus, also für ein noch ungeborenes Kind im Mutterleib. Ein noch ungeborenes Kind kann demgemäß Erbe werden, da gesetzlich vermutet wird, dass dieses jedenfalls lebend geboren wird. Daraus lässt sich schließen, dass das Kind jedenfalls solange als Erbe in Frage kommt, bis die Bedingung der Lebendgeburt nicht mehr eintritt, das Kind also tot geboren wird. Wenn das Kind allerdings lebend zur Welt kommt, so wird er berechtiger Erbe des betreffenden Erblassers.

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