Das Recht auf Leben




Das Recht auf Leben ist ein für uns Österreicher selbstverständliches Recht, zumindest auf den ersten Blick. Es ist klar, dass keiner getötet werden darf. Auch dass es die Todesstrafe in Österreich nicht gibt. Die Todesstrafe ist in Österreich ausnahmslos abgeschafft; weder in der normalen Gerichtsbarkeit noch in der Militärgerichtsbarkeit darf jemand zu Tode verurteilt werden noch hingerichtet werden. In Österreich hat sich die Philosophie durchgesetzt, dass auch der Staat, welcher Strafen aussprechen darf, nicht das Recht hat, jemanden zu töten und so zum Henker zu werden.

Prikär ist das sogenannte Refoulment-Verbot. Demnach darf kein österreichisches Organ, das sind alle Personen, die im Staatsdienst stehen, daran mitwirken, dass jemand der Todesstrafe unterworfen wird. Auf dem ersten Blick würde man sagen: „ eh klar“. Problematisch wird dies jedoch, wenn man sich die Vielzahl von Asylverfahren ansieht. Genügend Asylanten stützen ihr Asylrecht auf die Verurteilung zum Tode im Heimatland. In der Genfer Flüchtlingskonvention wird ausdrücklich festgehalten, dass niemand in ein Land ausgewiesen werden darf, wenn sein Leben und seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde. Aus dem politischen Alltag wissen wir, dass dies leider nicht immer so einfach festzustellen ist, Missbräuche auf Seiten der Asylwerber geschehen aber auch die staatlichen Behörden immer wieder versagen.

Ein Bescheid, so zum Beispiel ein Abschiebungsbescheid, verletzt dieses Grundrecht, wenn er sich auf eine dem Recht auf Leben widersprechenden Grundlage stützt, oder auch das Gesetz nicht entsprechend richtig auslegt oder ein grober Verfahrensfehler vorliegt. Dies wäre zum Beispiel, wenn sich die Asylbehörde nicht ernsthaft mit den Gründen des Beschwerdeführers auseinander setzt und eine Abschiebung in einen Staat, wo demjenigen die Todesstrafe droht, vorsieht.

Ist ein Mensch durch Maßnahmen der öffentlichen Organe gestorben, so steht den nahen Angehörigen seit der gewaltsamen Abschiebung von Marcus Omofuma 1999 ein Beschwerderecht zu. In jenem kann festgestellt werden, dass eine Verletzung des Rechts auf Leben geschehen ist. Dies bringt zwar den Toten nicht ins Leben zurück, ist aber für allfällige zivilen Ansprüche, wie beispielsweise etwa Pension bzw. Schmerzensgeld oder Schadenersatz, wichtig.

Festzuhalten ist, dass dieses Refoulment-Verbot nicht bei jenen Fällen greift, wo etwa ein international gesuchter zum Tode verurteilter Mörder in Österreich Zuflucht sucht. Auch wenn wir Österreicher Großteils gegen die Todesstrafe sind, wird ein solcher Straftäter ausgeliefert, da kein Schutzgrund vorliegt.

Nach wie vor ist es strittig, inwieweit ungeborenes Leben von diesem Grundrecht geschützt wird. Der Verfassungsgerichtshof hat dies letztlich verneint und sich auf die Fristenlösung bei Abtreibungen gestützt. Die Themen Sterbehilfe oder die verbrauchende Embryonenforschung sind noch nicht wirklich gelöst. Ein Recht auf Sterben gibt es nicht. Daher verstößt eine strafrechtliche Verurteilung wegen Sterbehilfe auch nicht dem Grundrecht.

Es gibt nur wenige Ausnahmen, in welchen in das Recht auf Leben eingegriffen werden darf, und zwar etwa bei Notwehr, Verhinderung der Flucht einer festgenommenen Person und bei Unterdrückung von Aufruhr und Aufstand. Dennoch sei gesagt, dass gerade bei den beiden letzteren Gründen hohe Vorsicht geboten ist, bei einer etwas torbulenten Demonstration darf dennoch nicht in die Menge geschossen werden. Staatliche Organe, zum Beispiel Polizisten, dürfen für das menschliche Leben gefährliche Maßnahmen nur unter ganz bestimmten Maßnahmen setzen, welche im Waffengebrauchsgesetz aufgezählt sind. Die Maßnahmen müssen unbedingt notwendig sein. Daher auch die Untersuchungen wegen des Supermarkteinbruchs in Krems und den damit verbundenen Waffengebrauch der Polizisten.

Auch ist bei Notwehr Bedacht zu nehmen. Meistens wird die Tötung eines Menschen nicht gerechtfertigt sein, so etwa, wenn der Trickdieb in die Tasche greift. Anders sieht es aus, wenn das eigene Leben oder das Leben des Menschen daneben durch Gewaltakte des Täters bedroht ist, wie beispielsweise etwa bei Bedrohung mit Waffen bzw. Vergewaltigung.

Es ist auch eine gewisse positive Schutzpflicht des Staates aus dem Recht auf Leben abzuleiten. So ist der Staat für das Leben und die Gesundheit von Häftlingen verantwortlich. Er hat auch die Inhaftierung angeordnet und der Häftling ist anderen Personen ausgesetzt, die sein Leben gefährden könnten. Der Staat muss auch eine effektive Untersuchung durchführen, wenn ein Mensch durch Polizeigewalt ums Leben gekommen ist. Letztlich ist auch der Staat verpflichtet, Menschen soweit zu helfen, dass sie nicht aus Mangel an finanziellen Mitteln verhungern oder erfrieren. Obdachlosigkeit lässt sich dennoch nicht verhindern, jedoch liegt dies nicht mehr in der Gewalt des Staates, da diese sozialen Probleme mangels Mitwirkung der Betroffenen nicht gelöst werden können.

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