Vorgang der Vertragsauslegung




Auslegung bedeutet eine Äußerung verstehen, also ihren Sinn ermitteln. Der Aussagewert einer Willenserklärung ist nicht immer klar. In solch einen Fall muss ihr Gehalt durch Auslegung ermittelt werden. Bei der Vertragsauslegung geht man vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung aus. Dies nennt man Wortinterpretation. Dabei ist zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck oder Satz nach allgemeinem Sprachgebrauch zukommt. Man darf jedoch nicht nur beim Wortsinn bleiben, weil es wichtiger ist, den Willen beider Vertragspartner zu erforschen. Der Wille ist die erkennbare und widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht des Erklärenden. Man muss zwischen einfache und ergänzende Auslegung unterscheiden. Von einfacher Vertragsauslegung spricht man, wenn der Sinn eines Wortes aus der Erklärung des Wortlauts ermittelt werden kann. Vertragliche Nebenpflichten werden in vielen Fällen durch ergänzende Auslegung ermittelt. Nach Abschluss eines Geschäftes können Konfliktsfälle auftreten, die von den Parteien nicht bedacht wurden und daher auch nicht ausdrücklich geregelt wurden.

Daher sind bei Auftreten solcher Konflikte die übrigen Geschäftsbestimmungen und den von den Parteien verfolgten Zweck zu berücksichtigen, um ermitteln zu können, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Aus der ergänzenden Vertragsauslegung kann z.B. ermittelt werden, dass der Verpächter eines Ladens nicht in derselben Straße einen gleichartigen Laden eröffnen darf, um seinem Pächter Konkurrenz zu machen.

Bei unentgeltlichen Geschäften ist anzunehmen, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte. Diese Zweifelsregel bzw. Unklarheitsregeln kann erst herangezogen werden, wenn feststeht, dass ein unentgeltliches Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde. Es gibt neben den genannten Interpretationen auch eine historische Interpretation. Diese sucht nach dem Willen des geschichtlichen Gesetzgebers. Das bedeutet, dass sich die Vorstellungen der Gesetzesverfasser, der Mitglieder der beratenden Ausschlüsse und Kommissionen sowie der Mitglieder der beschließenden Körperschaften zur Sinnermittlung heranziehen lassen. Wenn diese jedoch eindeutig in Widerspruch zum Gesetz stehen, sind sie für die Auslegung bedeutungslos. Wenn keine oder keine aufschlussreichen Gesetzesmaterialien vorhanden sind oder sich die Gegebenheiten bzw. Absichten des Gesetzgebers geändert haben, bleibt als Auslegungsmethode die objektiv-teleologische Interpretation des Gesetzes. Die objektiv-teleologische Interpretation des Gesetzes versucht den Zweck einer Regelung verständlich zu machen und orientiert sich an den angestrebten Lösungen. Es versucht somit den Sinn einer Regelung zu ermitteln.

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