Zweck des Besitzschutzes




Nicht nur das Eigentum selbst wird vom Gesetz absolut geschützt. Auch bereits der bloße Besitz wird gesetzlich unter Schutz gestellt. Ein Besitzer kann sich nämlich für die Aufrechterhaltung seines Besitzes der Besitzstörungsklage, der actio publicana und alternativ hierzu in seltenen Fällen auch der Selbsthilfe bedienen.

Die Besitzstörungsklage ist ein sogenanntes possessorisches Verfahren. Es dienst zur schnellen Wiederherstellung des letzten Besitzstandes, unabhängig von der eigentlichen Berechtigung des Klägers. Eine Besitzstörung, die in weiterer Folge zur Besitzstörungsklage ermächtigt, setzte eine eigenmächtige Störung oder gar Entziehung des Besitzes voraus. Eigenmacht liegt vor, wenn der Eingriff in den Besitz weder durch den Besitzer, durch das Gesetz oder durch eine behördliche Entscheidung erlaubt wurde. Zum Beispiel darf der Ehepartner nicht einfach nur so, die Schlösser der gemeinsamen Wohnung austauschen, um so den Zutritt für den jeweils anderen unmöglich zu machen. Eine Entziehung des Besitzes liegt vor, wenn der Besitz nicht nur beeinträchtigt wird, sondern komplett eliminiert wird. Eine ledigliche Störung des Besitzes hingegen liegt vor, wenn allein die Ausübung des Besitzes beeinträchtigt wird.

Zur Verbildlichung: das Verstellen einer privaten Garageneinfahrt beeinträchtigt massiv die Ausübung des Besitzes, denn der Besitzer kann sein Auto nicht mehr ordnungsgemäß in seiner Garage ein- oder ausparken. Nimmt man dem Besitzer gleich das Auto zur Gänze weg, so liegt eine Entziehung des Besitzes vor. Die Besitzstörungsklage muss binnen dreißig Tagen ab Kenntnisnahme des Besitzers von der jeweiligen Störung eingebracht werden. Allerdings handelt es sich bei dieser dreißigtägigen Frist lediglich um eine sogenannte prozessuale Frist. Das heißt, die Verabsäumung dieser Frist führt definitiv nicht zum Verlust des Anspruches, sondern lediglich zum Verlust der Option, das beschleunigte Verfahren in Anspruch zu nehmen. Wie bereits eingangs erwähnt, dient die Besitzstörungsklage ausschließlich zur Wiederherstellung des letzten Besitzstandes, unabhängig von der materiellen Berechtigung der jeweils Beteiligten. Das allgemeine Begehren der Klage ist beschränkt auf die Feststellung der Störung, auf das Interesse der Unterlassung von zukünftigen Störungen derselben Art sowie auf die Wiederherstellung des letzten Besitzstandes. Ein Schadenersatz kann mittels Besitzstörungsklage definitiv nicht verlangt oder gefordert werden.

Neben der Besitzstörungsklage gibt es noch die sogenannte actio publicana. Diese Klagemöglichkeit schützt allerdings ausschließlich den rechtlichen Besitz, also denjenigen Besitzer der sowohl rechtmäßig, redlich als auch echt besitzt. Durch diesen besonderen Schutz, der actio publicana, kann der Besitzer eine Sache von jedem anderen problemlos heraus verlangen. Die actio publicana ähnelt sehr der Eigentumsklage, der rei vindicatio. Allerdings muss bei der publizianischen Klage, der actio publicana, seitens des rechtlichen Besitzers kein Eigentumsnachweis erbracht werden. Es reicht zu beweisen, dass man rechtmäßig, redlich und echt besitzt - das wiederum macht die actio publicana auch für den eigentlichen Eigentümer interessant, weil sie ein einfacherer und schnellerer Weg ist, als mühsam den Eigentumsnachweis zu erbringen. Mit der actio publicana kommt der Kläger gegen jeden schlechter qualifizierten Besitzer an. Für den seltenen Fall, dass beide Parteien vor Gericht gleich qualifiziert sind, so entscheidet der tatsächliche Besitz, die Gewahrsame über den prozessualen Ausgang; man spricht vom glücklichen Besitzer, beatus possidens.

Auch andere Klagen, die sonst nur dem Eigentümer zustehen, können vom dreifach qualifizierten Besitzer beansprucht werden. So beispielsweise die actio negatoria, die auch als Eigentumsfreiheitsklage bekannt ist, sowie die actio confessoria, die man auch unter den Namen Servitutenklage kennt.

In Österreich hat der Staat das sogenannte Gewaltmonopol. Nur er darf also gegebenenfalls Gewalt ausüben, um diverse Rechte durchzusetzen. Das heißt konkret, dass man sich grundsätzlich keinen Eigenmaßnahmen zur Durchsetzung seines Rechts bedienen darf. Eine Ausnahme wird allerdings doch gewährt: Sollte staatliche Hilfe, die man ansonsten grundsätzlich immer beanspruchen muss, tatsächlich nicht rechtzeitig kommen, so darf man seinen Besitz verteidigen. Diese Verteidigung ähnelt der gesetzlich verankerten Notwehr.

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