Qualifikationen und Voraussetzungen des Besitzes




Neben den bereits erläuterten maßgebenden Kriterien des Besitzes, nämlich die eigentliche Sachherrschaft und den Willen, die Sache für sich selbst besitzen zu wollen, existieren noch drei weitere wichtige Qualifikationen des Besitzes: Die Rechtmäßigkeit, die Redlichkeit und die Echtheit des Besitzes.

Die Voraussetzung zur Rechtmäßigkeit des Besitzes ist ein objektiv gültiger Titel. Der Sachbesitzer muss seine Sache nicht nur besitzen wollen, er muss dies auch durch einen Rechtsgrund rechtfertigen können. Bestes Beispiel hierfür ist der Kauf. Wer eine Sache gekauft hat, ist rechtmäßiger Besitzer der jeweilig gekauften Sache. Unrechtmäßig besitzt daher jeder, der eine Sache ohne rechtfertigenden Titel besitzt. Zum Beispiel ein Mieter, der seine Mietzahlung abrupt abbricht und nunmehr das Mietobjekt für sich haben möchte, besitzt das Mietobjekt unrechtmäßig. Der Dieb allerdings, der eine gestohlene Sache an einen Dritten verkauft, verschafft seinem Käufer gutgläubigen Besitz. Der Käufer besitzt also gutgläubig rechtmäßig.

Die Voraussetzung für die Redlichkeit des Besitzes ist der gute Glaube. Redlich besitzt also jeder, der aus wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er besitzt, für die seinige hält. Das heißt redlich besitzt, wer glaubt beziehungsweise glauben darf, dass er zum Besitz berechtigt ist. Zur besseren Veranschaulichung folgendes Beispiel: Die Käuferin eines Gemäldes, die den Verkäufer, einen Dieb, für den Besitzer hält, erwirbt das gekaufte Gemälde nicht nur rechtmäßig, aufgrund des gültigen Kaufvertrages, sondern auch redlich, weil sie darauf vertrauen durfte, dass der Dieb der wahre Besitzer des Bildes war. Unredlich ist dementsprechend jeder, der genau weiß oder nur lediglich vermuten kann, dass die Sache in Wahrheit jemand anderen gehört. Hierzu reicht laut Österreichischem Gesetz sogar leichte Fahrlässigkeit. Die Redlichkeit des neuen Besitzers wird außerdem gesetzlich vermutet. Die Beweislast zur Unredlichkeit liegt daher nicht beim redlichen beziehungsweise unredlichen Besitzer.

Die Voraussetzung zur Echtheit des Besitzes ist der Besitzerwerb nec vi, nec clam, nec precario; zu deutsch: Der Besitzerwerb, der nicht aus Gewalt, List, Heimlichkeit oder Bitte resultiert. Unrecht besitzen beispielsweise also Räuber, diese erwerben Besitz durch Gewalt bzw. Diebe, diese erwerben durch Heimlichkeit, und Betrüger, diese erwerben den Besitz durch List.

Wenn alle drei Qualifikationen des Besitzes gegeben sind, spricht man von einem rechtlichen Besitz. Das heißt, wer rechtmäßig, redlich und echt besitzt, besitzt zugleich rechtlich und erhält daher vom Gesetz eine absolut geschützte Rechtsposition.

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