Das Grundbuch und dessen Aufbau




Wie bei den beweglichen Sachen, bedarf es auch bei unbeweglichen Sachen der Publizität, also der Offenkundigkeit. Doch gerade diese unbeweglichen Sachen haben zumeist einen viel höheren wirtschaftlichen Wert, eine höhere wirtschaftliche Bedeutung; es reicht dem österreichischen Gesetz somit nicht allein die faktische Sachherrschaft aus, um den Besitz an einer beispielsweise Liegenschaft zu begründen, publik zu machen, zumal in der Praxis gerade bei Liegenschaften eine andauernde und dauerhafte Ausübung der Sachherrschaft nicht möglich ist. Verbildlichen kann man sich das anhand eines Hauses, das ansonsten Tag ein Tag ausfaktisch bewohnt sein müsste, um so die Sachherrschaft konstant aufrecht zu erhalten. Daher gibt es in Österreich, wie auch in allen anderen Ländern der Welt das sogenannte Grundbuch.

Das Grundbuch ist in Österreich ein öffentliches Register, in dem alle Grundstücke des Landes samt ihrer bestehenden dinglichen Rechte eingetragen sind. Früher wurde das Grundbuch in Papierform geführt, heutzutage erfolgt die Eintragung in das Grundbuch auf elektronischen Wege. Wer in das Grundbuch eingetragen beziehungsweise in der Fachsprache in das Grundbuch als Berechtigter, das heißt konkret als Eigentümer einverleibt, also eingetragen, wird, wird zum Tabularbesitzer, also zum Buchbesitzer. Tabularbesitz nennt man den Besitz bei unbeweglichen, Naturalbesitz bei beweglichen Sachen.

Wie auch bei beweglichen Sachen bedarf es auch bei unbeweglichen Sachen titulus und modus, also ein Verpflichtungsgeschäft und ein Verfügungsgeschäft. Die eben genannte Einverleibung stellt hierbei den modus dar, also die Eintragung ins Grundbuch. Daraus resultiert allerdings folgender Schluss: Eine erfolgreiche Eintragung ins Grundbuch ist lediglich Indiz dafür, dass der dort eingetragene auch tatsächlich der berechtige Eigentümer dieser Liegenschaft ist, denn für eine absolute Berechtigung bedarf es, wie eben erwähnt, auch eines Tituli. Ist, um ein Beispiel zu nennen, der Kauf der Liegenschaft ungültig, so mangelt es dem Eingetragenen am titulo (titulus, Dativ), er ist also nicht Eigentümer der Liegenschaft, trotz der erfolgten Eintragung.

Wie bereits erwähnt, muss jedes Grundstück von Amts wegen in das Grundbuch aufgenommen werden. In Österreich setzt sich das Grundbuch aus verschiedenen Katastralgemeinden, kurz KG, zusammen. Wien beispielsweise besteht aus 89 Katastralgemeinden. Innerhalb einer Katastralgemeinde existieren sogenannte Grundbuchseinlagen, die wiederum mit einer Einlagezahl, kurz EZ, gekennzeichnet werden. Eine Grundbuchseinlage wiederum kann aus mehreren Liegenschaften bestehen, die Gesamtheit wird auch als Grundbuchskörper bezeichnet, welche eine Einheit bildet. Jede Grundbuchseinlage ist nochmals dreifach geteilt. Sie besteht zum ersten aus dem Gutbestandsblatt. Im Gutbestandsblatt finden sich allgemeine Angaben über den Grundbuchskörper. Zum zweiten besteht die Grundbuchseinlage aus dem Eigentumsblatt. Das Eigentumsblatt gibt Auskünfte über die bestehenden Eigentumsverhältnisse. Zum dritten besteht sie aus dem sogenannten Lastenblatt. Dort finden sich alle bücherlichen Rechte, die die gegenständliche Liegenschaft belasten, beispielsweise finden sich dort eingetragene Hypotheken, Dienstbarkeiten oder Reallasten.

In Österreich gibt es grundsätzlich drei verschiedene Eintragungsarten, die vom jeweils zuständigen Bezirksgericht mittels elektronsicher Datenbank und Aufnahme der erforderlichen Urkunden getätigt werden. Es gibt die Einverleibung, die Vormerkung und die Anmerkung.

Die Einverleibung bewirkt einen Rechtserwerb oder einen Rechtsverlust. Einverleibt werden können nur dingliche Rechte, das heißt beispielsweise Eigentum, Pfandrechte, Dienstbarkeiten und Reallasten, darüber hinaus Wiederkaufsrecht und Vorverkauftsrechte sowie Bestandsrechte, also Miete und Pacht. Die Einverleibung selbst wird bei Gericht beantragt. Voraussetzung ist eine einverleibungsfähige Urkunde, hierzu tauglich sind öffentliche Urkunden, zum Beispiel die Einantwortung oder vollstreckbare Vergleiche, und Privaturkunden. Bei Privaturkunden müssen allerdings die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt werden. Eine weitere Voraussetzung ist die sogenannte Aufsandungserklärung. Die Aufsandungserklärung ist die Erklärung des Vor-Berechtigten, dass er damit einverstanden ist, dass sein Recht an der unbeweglichen Sache übertragen, beschränkt, belastet oder gar aufgehoben wird.

Im Kontrast zur Einverleibung bewirkt die sogenannte Vormerkung nicht sofort einen Rechtserwerb oder Rechtverlust. Meist kommt es nämlich zu einer Vormerkung, wenn entweder die Urkunde über das Rechtsgeschäft oder alternativ die Aufsandungserklärung fehlt. Der Zweck der Vormerkung ist also, den als Vorgemerkten eingetragenen ranglich höher zu stellen, als darauf folgende Eingetragene. Sollte in der Zwischenzeit also bereits ein Dritter eingetragen worden sein, so kann der zuerst als Vorgemerkter eingetragene dessen Löschung aus dem Grundbuch beantragen, sobald er alle Voraussetzungen zur gültigen Einverleibung erfüllt.

Die Anmerkung hat hingegen nichts mit einem Rechtserwerb oder Rechtsverlust zu tun., sie dient nämlich lediglich der Ersichtlichmachung bestimmter rechtserheblicher Tatsachen. Beispielsweise angemerkt werden können die Minderjährigkeit des Eigentümers oder auch die Sachwalterbestellung sowie eine Konkurseröffnung. Besonders bedeutend ist die sogenannte Streitanmerkung. Diese kann in einem laufenden Gerichtsverfahren begehrt werden, sie führt bei stattgegebenen Urteil dazu, dass neu eingetragene Personen aus dem Grundbuch eliminiert, gelöscht werden.

In Österreich gibt es vier wichtige Grundsätze beim Grundbuch. Der Öffentlichkeitsgrundsatz, der Eintragungsgrundsatz, der Prioritätsgrundsatz und viertens der Vertrauensgrundsatz. Der Öffentlichkeitsgrundsatz besagt, dass jedermann Einsicht in das Grundbuch nehmen kann. Dies kann beim Grundbuchsgericht oder kostenpflichtig bei Anwälten und Notaren passieren.

Der Eintragungsgrundsatz regelt, dass eine körperliche Übergabe ausnahmslos unzureichend beim Erwerb unbeweglicher Sachen ist. Es reicht daher nicht, beispielsweise eine Liegenschaft faktisch zu übergeben, also zum Beispiel dem neuen Eigentümer den Hausschlüssel zu übergeben. Eine Eintragung in das Grundbuch, wie weiter unten bereits näher erläutert, ist vielmehr zusätzlich, primär notwendig.

Der Prioritätsgrundsatz lautet prior tempore, potior iure. Zu deutsch sprichwörtlich: "Wer zuerst kommt, malt zuerst". Wer zeitlich gesehen früher dran ist, erhält die stärkere Rechtsposition. Im Grundbuch bestimmt sich dieser Rang nach dem Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchgesuches bei Gericht. Wer also zuerst im Grundbuch vermerkt wurde, hat auch ein vorrangiges Recht gegenüber nachgereihten.

Der Vertrauensgrundsatz besagt schlussendlich, dass man auf die Richtigkeit und auch auf die Vollständigkeit der Grundbucheintragungen vertrauen darf. Man muss also die Eintragungen im Grundbuch nicht gesondert auf ihre Richtigkeit überprüfen, man darf ruhig davon ausgehen, dass die Eintragungen nicht fehlerbehaftet sind.

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