Der Konsument soll vor Überrumpelung sowie vor unüberlegten Vertragsschlüssen bewahrt werden. Dieser Schutz des Verbrauchers greift daher insbesondere, aber nicht nur, bei Haustürgeschäften. Das Haustürgeschäft ist der Paradefall des Rücktrittsrechts. Ein Unternehmer klingelt bei einem Verbraucher an der Haustür, um diesem sein Produkt zu verkaufen. Dieser hat nur wenig Überlegungszeit und ist der Gefahr der Überrumpelung ausgesetzt. Der Verbraucher soll eine ausreichende Überlegungsfrist haben und keiner Zwangssituation ausgesetzt werden. Das Rücktrittsrecht steht nur zu, wenn die Vertragserklärung, weder in den vom Unternehmer für seine geschäftliche Zwecke dauernd benützten Räumen noch bei einem von diesem dafür auf einer Messe oder einem Markt benützten Stand abgegeben wird. Hat der Verbraucher seine Vertragserklärung außerhalb der Betriebsstätte des Unternehmers abgegeben, steht ihm das Recht zu vom Vertragsantrag oder vom Vertrag zurückzutreten. Unter Betriebsstätte des Unternehmers versteht man dessen ständiges Geschäftslokal, aber auch einen Markt- oder Messestand. Auch ein Stand vor einem Kaufhaus ist ein Geschäftsraum, weil er geschäftlichen Zwecken dient und dort Waren verkauft werden.
Das Rücktrittsrecht steht dem Verbraucher aber auch dann zu, wenn er seine Vertragserklärung zwar in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgegeben hat, dorthin aber von diesem oder mit ihm zusammenwirkenden Dritten im Rahmen einer Werbe- und Ausflugsfahrt oder einer ähnlichen Veranstaltung oder durch persönliches, individuelles Ansprechen auf der Straße gebracht worden ist. Der bei den genannten Veranstaltungen oder beim Ansprechen auf der Straße erhöhte psychologische Druck soll dadurch aufgefangen und ein psychologischer Kaufzwang vermieden werden. Wesentliches Merkmal der Werbe- oder Ausflugsfahrt ist, dass sie von einem Unternehmer organisiert wurde, der Adressat der vom Verbraucher abgegebenen Vertragserklärung ist, oder von einem Dritten, der planmäßig mit ihm zusammenwirkt. So macht ein von Unternehmern eingerichteter Autobusdienst, der Interessenten zu einem am Stadtrand gelegenen Einkaufszentrum befördert, keine Werbe- und Ausflugsfahrten, weil damit typischerweise keine Elemente eines psychologischen Kaufzwanges gegenüber den beförderten Interessenten verbunden sind.
Ebenso liegt keine Werbe- oder Ausflugsfahrt vor, wenn im Rahmen einer, zu einem angemessenen Preis angebotenen, Urlaubsfahrt neben der Besichtigung verschiedener Sehenswürdigkeiten auch die Fahrt zu einer Produktionsstätte mit Kaufmöglichkeit geboten wird. Es sind somit zusätzliche, den Abschlusswillen der Beförderten beeinflussende Werbemaßnahmen erforderlich, um eine Beförderung zur Werbe- oder Ausflugsfahrt zu machen. So wird zum Beispiel der Eindruck erweckt, dass im Falle eines Geschäftsabschlusses im Rahmen der Werbe- oder Ausflugsfahrt besondere Vorteile winken. Oder die Art und Weise der Veranstaltung ist geeignet, beim Teilnehmer ein schlechtes Gewissen zu erzeugen, falls er das scheinbar besondere Zuvorkommen des Veranstalters nicht durch entsprechende Einkäufe honoriert. In der Regel dient die Fahrt nur einem oder wenigen ausgewählten Unternehmen. Der Eindruck besonderer Günstigkeit hängt nicht selten damit zusammen, dass geeignete Vergleichsmöglichkeiten hintangehalten werden. Mitunter werden Werbe- und Ausflugsfahrten ins Ausland organisiert. Damit will man die Berufung auf inländisches Verbraucherschutzrecht unterlaufen.
Der Verbraucher muss auf dieser Werbe- oder Ausflugsfahrt in die vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räumlichkeiten gebracht werden. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um die ständigen Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmers, sondern häufig um etwa Räume in Gaststätten, in denen Verkaufsveranstaltungen abgehalten werden. Auch von Vertragserklärungen, die im Transportmittel während der Ausflugsfahrt abgegeben werden, kann zurückgetreten werden.
Als ähnliches Geschäft ist auch das Werben und Ansprechen von Passanten auf offener Straße zu werten. Vor allem die Tätigkeit von Schleppern, deren Aufgabe es ist, Verbraucher in meist naheliegende vom Unternehmer bereitgestellte Lokale zu bringen, in denen die herbeigeschleppten Personen zum Vertragsschluss bewegt werden sollen. Auch das Ansprechen in Hausfluren, Bahnhofshallen, Gaststätten, Tankstellen, Kaufhäusern, Kirchen etc. ist hierunter zu verstehen. Vom Unternehmer unterstützte Hausfrauen-Parties (Tupper-, Kerzen-, Dessous-Parties, etc.) und ähnliche Werbeveranstaltungen werden in der Regel in keinen vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räumen veranstaltet. Wird auf solchen Veranstaltungen eine Vertragserklärung abgegeben, steht dem Verbraucher daher das Rücktrittsrecht zu, da der Vertragsabschluss nicht in den Räumlichkeiten des Unternehmers abgegeben wurde.
Der Rücktritt kann bis zum Zustandekommen des Vertrags oder danach binnen einer Woche erklärt werden. Die Frist beginnt mit der Ausfolgung einer Urkunde, die zumindest den Namen und die Anschrift und die zur Identifizierung des Vertrages notwendigen Angaben sowie ein Belehrung über das Rücktrittsrecht enthält. Der Unternehmer ist verpflichtet den Verbraucher schriftlich über sein Rücktrittsrecht zu belehren. Belehrt der Unternehmer nicht oder unvollständig, eröffnet sich für den Verbraucher die Möglichkeit, bis zum Ablauf von vier Wochen nach beiderseitiger Erbringung der Leistungen vom Vertrag zurückzutreten. Bei Berechnung der Rücktrittsfrist wird der Tag nicht mitgezählt, an dem der Vertragsantrag erklärt, die Urkunde ausgefolgt oder der Vertrag abgeschlossen wird. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, endet die Frist am darauf folgenden Werktag. Feiertage innerhalb der Frist sind unbeachtlich. Für die Rechtzeitigkeit der schriftlichen Rücktrittserklärung genügt die rechtzeitige Absendung. Entscheidend ist das Datum des Poststempels. Der Verbraucher muss den Rücktritt vom Vertrag schriftlich erklären. Auch wenn fallweise mündliche oder Rücktrittserklärungen per E-Mail oder Telefax von der Rechtssprechung als zulässig erklärt wurden, ist eine schriftliche Rücktrittserklärung aus Gründen der Sicherheit zu empfehlen.
Das Rücktrittsrecht steht dem Verbraucher nicht zu, wenn er das Geschäft mit dem Unternehmer angebahnt hat. Unter Anbahnen ist ein Verhalten zu verstehen, durch das dem Unternehmer oder dessen Beauftragten gegenüber zum Ausdruck gebracht wird, man wolle in Verhandlungen zwecks Abschluss eines bestimmten Geschäftes treten. Hat der Verbraucher selbst die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer zwecks Schließung eines bestimmten Vertrages angebahnt, steht ihm ein Rücktrittsrecht nicht zu und zwar unabhängig davon, ob es zur Überrumpelung kam. Das bloße Anfordern von Prospekten oder die Einsendung eines Informationsgutscheines ist noch keine Anbahnung. Wenn der Verbraucher sich aber auf Grund einer Zeitungsanzeige, in welcher ein Kfz zum Verkauf angeboten war, telefonisch beim Unternehmer meldet, dann liegt eine Anbahnung vor; oder wenn jemand um die Vorführung eines annoncierten Gerätes bittet. Kein Rücktrittsrecht steht dem Verbraucher weiters zu, wenn dem Geschäft keine Besprechungen zwischen den Beteiligten oder ihren Beauftragten vorausgegangen sind, also etwa bei Bestellungen im Versandhandel, wo der Verbraucher seine Vertragserklärungen regelmäßig in seiner Wohnung abgibt. Mangels einer vorausgehenden Besprechung zwischen den Vertragsteilen ist die bekämpfte Willensbeeinflussung durch den Unternehmer nicht gegeben. Eine Besprechung setzt aber kein persönliches Treffen voraus. Auch im Falle einer telefonischen Erörterung vor Abgabe der Vertragserklärung kommt die Ausnahme vom Rücktrittsrecht zum Tragen.
Ausgenommen von der Möglichkeit eines Rücktritts sind schließlich auch Geschäfte bei denen die gegenseitigen Leistungen sofort zu erbringen sind, wenn sie üblicherweise von Unternehmern außerhalb ihrer Geschäftsräume geschlossen werden und das vereinbarte Entgelt 15 Euro nicht übersteigt (zum Beispiel der Verkauf von Eis, Zeitungen usw.). Oder wenn das Unternehmen nach seiner Natur nicht in ständigen Geschäftsräumen betrieben werden kann und das Entgelt 45 Euro nicht übersteigt (zum Beispiel Taxifahrten).
Tritt der Verbraucher berechtigt vom Vertrag zurück, so haben beide Vertragsparteien das Erhaltene zurückzustellen, damit keiner von beiden einen Vorteil behält. Neben der Rückerstattung empfangener Leistungen samt Zinsen hat der Unternehmer dem Verbraucher den von diesem auf die Sache geleisteten notwendigen Aufwand zu ersetzen. Der Verbraucher hat seinerseits die empfangenen Leistungen zurückzustellen und im Fall der Benützung ein angemessenes Benützungsentgelt zu leisten. Dass der Verbraucher die Sache bereits gebraucht hat, führt nicht dazu, dass er das Rücktrittsrecht verliert. Eine bloße Übernahme in die Gewahrsame des Verbrauchers begründet für sich alleine noch keine Wertminderung. Kann der Verbraucher die vom Unternehmer erbrachte Leistung, nicht mehr zurückstellen, etwa wenn er die Sache bereits verbraucht hat, so hat er die Leistung nach ihrem Wert zu vergüten, soweit sie ihm zu klaren und überwiegenden Vorteil gereicht, wobei die Beweislast den Unternehmer trifft. Die Bewertung ist unter möglichster Berücksichtigung aller Interessen des Verbrauchers vorzunehmen.
Das Rücktrittsrecht kann nur gegenüber dem Vertragspartner, also dem Unternehmer, ausgeübt werden. Haben sich mehrere Unternehmer zur Erbringung der Leistung verpflichtet, dann kann der Rücktritt an jeden dieser Unternehmer wirksam erklärt werden.