Die vier Grundfreiheiten der Europäischen Union




Die Europäische Union kennt vier Grundfreiheiten, und zwar der freie Warenverkehr, der freie Personenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr und der freie Kapitalverkehr und Zahlungsverkehr.

Damit ein freier Warenverkehr auch garantiert werden kann, sieht dieser Grundsatz vor, dass die Errichtung einer Zollunion und die Abschaffung aller mengenmäßigen Beschränkungen notwendig sind. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich die Zollunion auf den gesamten Warenaustausch erstreckt und aus dem Verbot der Einfuhrzölle und Ausfuhrzölle sowie aus dem Verbot von Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten und aus dem Gebot der Einführung eines gemeinsamen Zolltarifs besteht. Abgaben gleicher Wirkung sind beispielsweise Gebühren für Statistiken, für Qualitätskontrollen und Gesundheitskontrollen oder für Lizenzen. Zu beachten ist, dass solche Abgaben bzw. Gebühren nur dann erlaubt sind, wenn sie als Gegenleistung für erwiesene Dienste erhoben werden, die den Importeuer oder den Exporteur bevorteilen und wenn die festgesetzte Gebührenhöhe diesen Vorteilen gegenüber angemessen ist. Wenn die Dienste aber im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden und nicht im Interesse des Importeurs oder Exporteurs ist davon auszugehen, dass eine Gegenleistung fehlt, was wiederum zur Folge hat, dass die zuvor genannten Abgaben nicht eingehoben werden dürfen.

Gebühren für gesundheitspolizeiliche Untersuchungen bei der Einfuhr und Ausfuhr stellen beispielsweise Abgaben zollgleicher Wirkung dar und dienen dem Interesse der Allgemeinheit, weshalb diese Abgaben auch nicht eingehoben werden dürfen. In bestimmten Ausnahmefällen können jedoch Einfuhrverbote, Ausfuhrverbote und Durchfuhrverbote erlaubt sein, wenn diese aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit oder zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, von Tieren oder Pflanzen sowie zum Schutz des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums notwendig sind. Wenn solche Verbote aus den genannten Gründen gerechtfertigt sind, dürfen sie jedoch nicht ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder ein Mittel zur verschleierten Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. Durch den freien Warenverkehr wird somit ermöglicht, dass Waren im gesamten Binnenmarkt frei zirkulieren können.

Das Grundrecht des freien Personenverkehrs wiederum wird unterteilt in Freizügigkeit der Arbeitnehmer und in Niederlassungsfreiheit. Es ist zu beachten, dass die Personenverkehrsfreiheit den Unionsbürgern die Möglichkeit gibt, in einem anderen Mitgliedstaat zu wohnen und zu arbeiten. Unter Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist zu verstehen, dass jede unterschiedliche Behandlung bezüglich Beschäftigung, Entlohnung und sonstigen Arbeitsbedingungen, die auf der Staatsangehörigkeit beruht, abzuschaffen sind. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer soll ermöglichen, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben sowie sich diesbezüglich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union frei zu bewegen. Es soll auch gewährleistet werden, sich in einem Mitgliedstaat aufhalten zu dürfen, um dort nach den geltenden Bestimmungen dieses Staates für die Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausüben zu können und nach deren Beendigung unter bestimmten Bedingungen bleiben zu können. Außerdem sind die Kinder der Freizügigkeitsberechtigten den inländischen Kindern hinsichtlich der Schulausbildung sowie der Lehrlingsausbildung und Berufsausbildung gleichzustellen. Durch die Niederlassungsfreiheit sollen sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen die Möglichkeit erhalten, in einem anderen Mitgliedstaat als in ihrem Heimatstaat eine dauernde selbständige Tätigkeit zu den gleichen Bedingungen wie Inländer auszuüben.

Die Dienstleistungsverkehrsfreiheit gibt Bürger der Europäischen Union, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, die Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen im Binnenmarkt. Unter Dienstleistungen sind alle Leistungen zu verstehen, die üblicherweise gegen Entgelt erbracht werden. Die Dienstleistungsfreiheit soll es ermöglichen, dass Arbeitnehmer eine Tätigkeit gegen Entgelt in einem anderen Mitgliedstaat als in seinem Heimatstaat ausüben kann, ohne dass er diesbezüglich seinen Wohnsitz in dem Mitgliedstaat verlagern muss, in dem er die Tätigkeit erbringt. Als Beispiel wäre etwa zu nennen, dass ein in Wien ansässiger Anwalt auch einen Klienten vor dem Landesgericht in München vertreten darf.

Der freie Kapitalverkehr und Zahlungsverkehr liberalisiert den Kapitalverkehr und ermöglicht dadurch den Verkehr von Geldern und Wertpapieren in beliebiger Höhe zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten. Die Kapitalverkehrsfreiheit kann jedoch unter Umständen beschränkt werden, wie etwa aufgrund steuerrechtlichen und bankenaufsichtsrechtlichen Zwecken oder zur Bekämpfung von schwerwiegenden Rechtsverstößen wie Geldwäsche, Drogenhandel oder Terrorismus.

Die genannten vier Grundfreiheiten der Europäischen Union sind in jedem Mitgliedsstaat direkt anwendbar, weshalb die Bürger sich auch direkt darauf berufen können. Das Hauptziel der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union ist es, insbesondere Diskriminierungsverbote zu erreichen und dabei die Inländergleichbehandlung zu garantieren. Bezüglich Diskriminierung ist zwischen offene Diskriminierung und verdeckte Diskriminierung zu unterscheiden. Eine offene Diskriminierung ist dann gegeben, wenn eine staatliche Regelung auf die Inländereigenschaft oder auf die Ausländereigenschaft abstellt. Eine verdeckte Diskriminierung wiederum liegt dann vor, wenn eine Regelung zwar auf Inländer und Ausländer gleich anwendbar ist, aber die Auswirkungen überwiegend aufgrund der Staatsangehörigkeit eintreten.

Zu berücksichtigen ist ebenso, dass eine Ungleichbehandlung erst dann zur Diskriminierung wird, wenn sie nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt werden kann und nicht verhältnismäßig ist. Daraus kann abgeleitet werden, dass Beschränkungen der Grundfreiheiten nur dann erlaubt sind, wenn eine gemeinschaftsrechtlichen Rechtfertigung diesbezüglich gegeben ist. Aus den vier Grundfreiheiten geht ebenso hervor, dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten oder Waren anderer Mitgliedstaaten nicht anders behandelt werden dürfen als inländische Staatsangehörige oder als inländische Waren. Aber die Diskriminierung von inländischen Staatsangehörigen untereinander ist nicht verboten, wenn rechtfertigende Gründe dafür vorliegen.

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