Die Berechnung des Pflichtteils




Für die Berechnung des Pflichtteils ist der sogenannte reine Nachlass des Erblassers maßgeblich. Unter dem reinen Nachlass wird die Summe aus Aktiva, also positiver Vermögenswert, und Passiva, also negativer Vermögenswert, verstanden. Darunter versteht man allerdings eher den Überschuss der Aktiven über die Passiven, andernfalls wäre der Erblasser ja im Minus, also konkret verschuldet. Aktiva sind vermögenswerte Rechte, beispielsweise Eigentum, Mietrecht oder auch der Schadenersatzanspruch, Passiva hingegen sind Pflichten, beispielsweise also Kredite, Steuerschulden oder auch die Gewährleistungspflicht.

Kurz und nur grob formuliert: Aktiva sind positive Vermögenswerte, Passiva die negativen Vermögenswerte, im Extremfall zum Beispiel, wenn die Passiva die Aktiva übersteigen, so ist der Erblasser verschuldet und würde lediglich Schulden weitervererben. Es ist erwähnenswert, dass der Erbe freilich die Möglichkeit hat, den Nachlass ohne die Gefahr einer Verschuldung eingehen zu müssen, mittels bedingter oder auch beschränkter Erbantrittserklärung anzunehmen. Vom reinen Nachlass müssen allerdings auch alle durch den Todesfall entstandenen Kosten abgezogen werden. Hierzu zählen beispielsweise das Begräbnis, die Kosten der Verlassenschaftsabhandlung, Erbfalls- und Erbgangsschulden. In der Praxis gestaltet sich die Ermittlung des reinen Nachlasses oftmals als sehr aufwendig, teuer und schwierig.

Oftmals kommt es vor, dass der Erblasser ganz bewusst aber auch unabsichtlich den Pflichtteil eines Pflichtteilsberechtigten schmälert, in dem er seinen reinen Nachlass noch zu Lebzeiten beispielsweise an seine Ehefrau überträgt, oder gar schenkt, oder in irgendeiner anderen Form Zuwendungen zukommen lässt, sodass sich sein reiner Nachlass erheblich schmälert. Um zu verhindern, dass etwaige Pflichtteilsberechtigte zu kurz kommen, hat das Gesetz die sogenannte Einrechnung sowie auch die sogenannte Anrechnung aufgestellt. Die Einrechnung ist die Berücksichtigung von Empfängen von Todes wegen, während die Anrechnung die Berücksichtigung von Zuwendungen zu Lebzeiten des Erblassers ist. Die Einrechnung geschieht durch einen einfachen Abzug der zugewendeten Werte vom rechnerisch ermittelten Nachlasspflichtteil. Bei der Anrechnung hingegen ist zuerst die Anrechnung auf den Pflichtteil genannte Berücksichtigungen von Vorempfängen und Vorschüssen durchzuführen. Daraus folgt dann erst der Nachlasspflichtteil nach Anrechnung. Danach ist im übrigen der Schenkungspflichtteil zu ermitteln.

Eine Anrechnung kommt nur bei folgenden Zuwendungen in Frage: Bei Vorempfängen und Vorschüssen. Vorempfänge sind das Heiratsgut oder aber auch die Ausstattung für ein Kind, als Vorempfang zählt ebenfalls alles, was einem Kind zum Antritt eines Amtes oder eines Gewerbes gegeben wurde sowie Aufwendungen zur Zahlung etwaiger Schulden großjähriger Kinder. Diese eben genannten Zuwendungen unterliegen deswegen der Anrechnung, weil sie der Existenzerhaltung sowie auch der Existenzbegründung dienen; der Nachlass nämlich verfolgt ja grundsätzlich dasselbe Ziel.

Wie bereits erwähnt, muss nach der Anrechnung auf den Pflichtteil noch die Schenkungsanrechnung durchgeführt werden. Auch mittels dieser Schenkungsanrechnung soll tunlichst verhindert werden, dass der Erblasser das Pflichtteilsrecht diverser Pflichteilsberechtigter absichtlich verkürzt. Der Schenkungsanrechnungspflicht unterliegen Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte (hierbei soll eine doppelte Begünstigung verhindert werden) sowie auch Schenkungen an nicht Pflichtteilsberechtigte, wenn diese innerhalb von zwei Jahren vor dem Tod des Erblassers erfolgt sind. Von der Anrechnungspflicht ausgenommen sind allerdings Schenkungen, die das Stamm- beziehungsweise Hauptvermögen nicht geschmälert haben, Schenkungen zu gemeinnützigen Zwecken sowie auch Schenkungen aus sittlicher Pflicht. Anrechnungspflichtige Schenkungen werden zum reinen Nachlass dazu addiert.

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