Inhaltskontrolle und Geltungsgrund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen




Die Allgemeine Geschäftsbedingungen-Problematik wird gerne auf zwei Problemkreise verteilt: Die Frage nach dem Geltungsgrund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die nach ihrer Inhaltskontrolle.

• Wie werden AGB gültig vereinbart, das heißt wie werden sie Vertragsinhalt? Das ist
die Frage nach dem sogenannten Geltungsgrund.
• Und: Können bereits vereinbarte, also Vertragsinhalt gewordene, Allgemeine
Geschäftsbedingungen, die einen Teil benachteiligen, worauf man unter Umständen
erst später kommt, nachträglich noch kontrolliert und korrigiert werden, und von wem?
Das ist die Frage nach der sogenannten Inhaltskontrolle von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen.

Mit Nachdruck muss darauf hingewiesen werden, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen von beiden Vertragsteilen vereinbart werden müssen und nicht etwa von einem Vertragsteil dem andern einseitig diktiert, also aufgezwungen werden können. Alles was Vertragsinhalt werden soll, bedarf der Zustimmung beider Vertragspartner. Das nennt man das sogenannte Konsensprinzip. Konsens benötigt übereinstimmende Willenserklärungen.

Nicht damit zu verwechseln ist die häufig anzutreffende unterschiedliche Wirtschafts- oder Marktmacht der Verhandlungspartner. Natürlich ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Weltkonzerns und eines Verbrauchers sehr verschieden. Aber auch für solche Fälle gilt, dass ein Verbraucher den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seines Vertragspartners zustimmen muss und grundsätzlich im konkreten Fall die, wenigstens theoretische, Chance besitzt, bestehende Allgemeine Geschäftsbedingungen abzuändern. Nur das entspricht der Vertragsfreiheit und der damit einhergehenden Rechtsgleichheit. Häufig besteht aber bei ungleicher wirtschaftlicher Machtstellung der Vertragspartner die Möglichkeit von Verbrauchern bloß darin, einen Vertrag, unter Zugrundelegung der vom Unternehmer erstellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, abzuschließen oder darauf zu verzichten.

Auch die Vereinbarung von AGB zwischen den Parteien kann ausdrücklich oder schlüssig, zum Beispiel Stellung eines Angebots mit beigelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Vertragspartnern muss schon im Rahmen des Vertragsschlusses, also bei der Konsensbildung, Gelegenheit geboten werden, in Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Vertragsbestandteil werden sollen, Einsicht zu nehmen. Das kann auf verschiedene Weise geschehen: zum Beispiel dadurch, dass ein Vertragspartner den andern auf das Bestehen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mündlich oder schriftlich, aufmerksam macht oder sie zusendet. Der Hinweis muss aber deutlich sein.

Hinweise auf der Rückseite eines Bestellscheins reichen ebenso wenig aus, wie schwer lesbare Hinweise im Kleinstdruck, wenn auch auf der Vorderseite. Nachträgliches Verweisen auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (zum Beispiel auf einem Lieferschein oder gar erst auf einer Rechnung), reicht nicht aus, weil die vertragliche Vereinbarung schon vorher getroffen wurde und ein nachträglich einseitiges Abgehen davon unzulässig ist. Freilich kommt diese Unsitte in der Praxis nicht selten vor, sei es aus Unwissen, Schlamperei oder Absicht. Auch dann, wenn ein Vertrag unter Zugrundelegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen wurde und die konkreten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Vertragsteil (zum Beispiel einen Verbraucher) gröblich benachteiligen, ist noch nicht aller Tage Abend. Es besteht die Möglichkeit einer nachgeschalteten Kontrolle durch die Gerichte.

Die Gerichte prüfen, ob:

• eine konkrete Klausel gegen ein ausdrückliches Gesetzesgebot verstößt: zum Beispiel
gegen das Konsumentenschutzgesetz.
• oder allgemein gegen die guten Sitten.

Kurz: Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen weder gesetz- noch sittenwidrig sein. Zum Akzeptieren problematischer Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch Verbraucher, aber auch Unternehmer kommt es vor allem dann, wenn diese von der Möglichkeit der Einsichtnahme in AGB, obwohl sie bestanden hätte, nicht Gebrauch gemacht haben. Es wird blindlings unterschrieben.

Unzulässige Vertragsbestandteile sind:

• Etwa unbestimmte oder überlange Antragsbindung des Verbrauchers
• Überstrenge Zugangserfordernisse
• Ausschluß von Schadenersatz für vorsätzliche und grob fahrlässige Schädigung
• Beweislastverträge
• Unangemessen kurze Verfallszeiten für überlassene Sachen

Außerdem folgende Klauseln sofern sie nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden:
Als nicht im einzelnen ausgehandelt gelten Klauseln und Vertragsbestimmungen vor allem dann, wenn sie nur in Allgemeinen Geschäftsbestimmungen oder Vertragsformblätter aufgenommen und nicht im Einzelnen erörtert wurden.

• Ungerechtfertigtes Rücktrittsrecht des Unternehmers
• Vertragsüberbürdung an ungenannte Dritte
• Einseitige Leistungsänderungen
• Ausschluss von Schadenersatz für Schäden an übernommenen Sachen

Wird eine Klausel oder ein Vertragspassus für gesetz- oder sittenwidrig erklärt, ist dieser ungültig und wird aus dem Vertrag entfernt. Der Rest des Vertrags bleibt aber bestehen.

Die gerichtliche Kontrolle erfolgt entweder als:

• Individualkontrolle durch Klage des Betroffenen oder
• Kollektivkontrolle durch Verbandsklage.

Klagslegitimiert für eine Verbandsklage sind beispielsweise der Verein für Konsumenteninformation, der Österreichische Gewerkschaftsbund, die Bundesarbeitskammer, der Österreichische Seniorenrat oder die Wirtschaftskammer Österreich.

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