Zuständigkeitsregeln im Verwaltungsverfahren




Eingangs muss beachtet werden, dass unter Zuständigkeit die Ermächtigung eines Staatsorganes zur Vornahme bestimmter Akte zu verstehen ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Staatsorgan für eine bestimmte Angelegenheit zuständig ist, wenn ihm die Ermächtigung in dieser Angelegenheit auch erteilt worden ist.

Außerdem knüpft die Erteilung solch einer Ermächtigung an bestimmte Voraussetzungen an, und zwar an sachliche, örtliche bzw. persönliche oder zeitliche Gegebenheiten. Dennoch werden als Anknüpfungspunkte meistens sachliche oder örtliche Gegebenheiten gewählt. Sollte eine Zuständigkeit nur durch Anknüpfung an sachliche Merkmale zugewiesen werden, wird vom Realsystem gesprochen. Das Realsystem wird auch als Ressortsystem oder Ministerialsystem bezeichnet. Wenn die Zuständigkeit aber nur durch Anknüpfung an örtliche Merkmale zugewiesen wird, wird wiederum vom Territorialsystem der Zuständigkeitsverteilung gesprochen.

In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass in der Praxis eher ein Mischsystem zu finden ist, in dem die Schwerpunkte entweder mehr in Richtung Realsystem oder in Richtung Territorialsystem gesetzt sind. Es ist erwähnenswert, dass beispielsweise etwa bei der Zuständigkeitszuweisung an die Bezirkshauptmannschaften der Schwerpunkt näher beim Territorialsystem liegt, da die Bezirkshauptmannschaft nämlich für ein bestimmtes Gebiet zuständig ist und dort alle Angelegenheiten zu behandeln hat, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde zugewiesen sind. Beispiele für eine Zuständigkeitsverteilung, die am Ressortsystem orientiert ist, wären etwa die Fernmeldebehörden oder Militärbehörden.

Auch der Grundsatz der festen Zuständigkeitsverteilung muss berücksichtigt werden. Dieser Grundsatz legt nämlich fest, dass jede Partei einen Anspruch darauf hat, dass ihre Angelegenheit nur von der jeweils zuständigen Behörde behandelt wird. Hierbei ist zu beachten, dass eine Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften von den Parteien eines Verwaltungsverfahrens als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann. Das bedeutet also, dass etwa Bescheide, die von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sind, gerade aus diesem Grund bekämpft werden können. Außerdem darf eine Übertragung einer Zuständigkeit durch Willensakt eines Organs auf ein anderes Organ nur stattfinden, wenn dies in einem Gesetz vorgesehen ist. Aus diesem Grund darf auch eine höhere Behörde eine Angelegenheit grundsätzlich nicht der niedrigeren Behörde abnehmen und an sich ziehen. Ein Übergang von Zuständigkeiten von einem Organ auf ein anderes Organ ohne einen Willensakt des zunächst zuständigen Organs, kann jedoch nur dann eintreten, wenn dies in einem Gesetz vorgesehen ist.

Es muss beachtet werden, dass die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörde sich nach den Vorschriften über ihren Wirkungsbereich und nach den Verwaltungsvorschriften richtet. Daraus kann somit entnommen werden, dass man zuerst prüfen muss, welche Vorschriften es über die Zuständigkeitsbereiche von Behörden gibt oder ob die Verwaltungsvorschriften, die für eine Angelegenheit in Betracht kommen, neben Regeln des materiellen Rechts auch Regeln über die Zuständigkeit enthalten. Daher ist es ratsam sich zuerst die jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften anzusehen, da man dort meistens Hinweise über die Zuständigkeit findet.

Es muss ebenso auf die subsidiäre sachliche Zuständigkeit und auch die subsidiäre örtliche Zuständigkeit eingegangen werden. Bezüglich der subsidiären sachlichen Zuständigkeit ist festzuhalten, dass in Angelegenheiten, die von Verwaltungsbehörden des Bundes zu vollziehen sind, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig sind. Die Bezirksverwaltungsbehörden sind die Bezirkshauptmannschaften sowie in Städten mit eigenem Statut der Bürgermeister bzw. die Magistrate. Sollte es sich aber um eine Angelegenheit handeln, die sachlich einer Angelegenheit ähnlich ist, zu deren Besorgung die Bundespolizeibehörden ausdrücklich berufen sind, ist die Bundespolizeibehörde in ihrem jeweiligen örtlichen Wirkungsbereich zuständig.

In zweiter und somit letzter Instanz ist aber der Landeshauptmann zuständig. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass sich in den Angelegenheiten, die von Verwaltungsbehörden der Länder zu vollziehen sind, sich die subsidiäre sachliche Zuständigkeit aus dem jeweiligen Landesrecht ergibt. In allen Bundesländern, außer in Vorarlberg, ist vorgesehen, dass in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig sein soll und in zweiter Instanz die Landesregierung. In Vorarlberg ist nämlich subsidiär nur die Landesregierung zuständig.

Zudem muss beachtet werden, dass sich die subsidiäre örtliche Zuständigkeit in Sachen, die sich auf eine unbewegliche Sache beziehen, nach der Lage des Gutes richtet, während sie sich in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung oder sonstigen dauernden Tätigkeit beziehen, wiederum nach dem Ort richtet, an dem das Unternehmen betrieben wird oder an dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Außerdem richtet sich die subsidiäre örtliche Zuständigkeit in sonstigen Sachen zunächst nach dem Hauptwohnsitz bzw. Firmensitz des Beteiligten, im Zweifelsfall sogar nach dem Sitz des Belangten oder Verpflichteten. Sollte kein Hauptwohnsitz oder Firmensitz bestehen, ist der Ort des Aufenthaltes für die örtliche Zuständigkeit wesentlich. Wenn aber dies alles nicht gegeben ist, muss der letzte Hauptwohnsitz bzw. Firmensitz im Inland herangezogen werden.

Es ist ebenso erwähnenswert, dass jede Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen hat. Daher hat jede Behörde Personen, die sich an sie wenden, auf eine Unzuständigkeit hinzuweisen, falls eine solche vorliegen sollte. Hierbei reicht es jedoch nicht aus, dass die Behörde nur erklärt, dass sie unzuständig ist, denn vielmehr muss sie nämlich die betreffende Person an die zuständige Stelle weisen. Sollte bei einer Behörde ein Schriftstück einlangen, für dessen Behandlung sie nicht zuständig ist, darf diese Behörde dieses Schriftstück nicht einfach zurücksenden oder unbeachtet lassen, sondern hat es umgehend an die zuständige Stelle weiterzuleiten. In solch einen Fall treffen jedoch die Folgen eines verspäteten Einlangens oder sonstige Risiken der Übermittlung den Einschreiter. Außerdem ist jede Einflussnahme der Parteien auf die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde ausgeschlossen, was wiederum zur Folge hat, dass die Zuständigkeit einer Behörde durch Vereinbarung der Parteien weder begründet noch abgeändert werden kann.

In diesem Zusammenhang müssen auch Zuständigkeitskumulation und Zuständigkeitskonflikt beachtet werden. Bei der Zuständigkeitskumulation geht es darum, dass für eine bestimmte Angelegenheit mehrere Behörden mit gleichem sachlichem Zuständigkeitsbereich aber mit unterschiedlichem örtlichem Zuständigkeitsbereich zuständig sind. In solch einen Fall müssen die Behörden einvernehmlich vorgehen. Das bedeutet, dass die Behörden nur parallel vorgehen können, indem sie ihre Maßnahmen inhaltlich aufeinander abstimmen, da nämlich keine Behörde befugt ist, auch im Zuständigkeitsbereich der anderen Behörde tätig zu werden. Sollten sie aber zu keinem Ergebnis gelangen, geht die Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über; wenn aber danach verschiedene Behörden berufen sind und auch diese Behörden sich nicht einigen können, geht die Zuständigkeit wiederum auf die sachlich in Betracht kommende gemeinsame Oberbehörde über. Es ist ebenso erwähnenswert, dass die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde von den Behörden oder von einer dieser Behörden, die sich nicht einigen können, befasst werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese Regel jedoch nur eine Situation bereinigen kann, in der Behörden zuständig sind, die eine gemeinsame sachlich in Betracht kommende Oberbehörde haben.

Beim Zuständigkeitskonflikt geht es wiederum darum, dass für eine bestimmte Angelegenheit zwar eine einzige Behörde zuständig wäre, aber zwei oder mehrere Behörden behaupten, dass sie zuständig sind. Dies wird als positiver Kompetenzkonflikt bezeichnet. Ein Zuständigkeitskonflikt liegt jedoch auch dann vor, wenn für eine bestimmte Angelegenheit zwar eine einzige Behörde zuständig wäre, aber keine Behörde sich für zuständig hält. Dies wiederum wird als negativer Kompetenzkonflikt bezeichnet. In solch einen Fall wird vorgesehen, dass die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde entscheidet, welche der Behörden in der Angelegenheit zuständig ist. Wenn aber ein Streit über die Zuständigkeit zwischen einer Bundesbehörde und einer Landesbehörde oder zwischen den Behörden zweier Länder entsteht, kann der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung angerufen werden.

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