Wie wird Eigentum übertragen?




Im Kontrast zum bloßen Besitzerwerb, der weiter oben bereits ausführlich erläutert wurde, stellt sich der Eigentumserwerb als deutlich komplizierter und aufwändiger dar. Immerhin stützt sich diese Tatsache allerdings auf die Höherwertigkeit des Eigentums gegenüber dem bloßen, wenn auch dreifach qualifizierten Besitz, da das Eigentum ja das höchstmögliche Recht an einer Sache ist; mehr Rechte an einer Sache kann man in Österreich gar nicht haben. Eigentum kann grundsätzlich nur derivativ oder originär erworben werden. Derivativ bedeutet, dass das Recht am Eigentum von einem Vormann, das heißt von einer zur anderen Person übertragen beziehungsweise abgeleitet wird.

Ein Beispiel hierfür zu Verbildlichung: Der A verkauft sein Auto an B. A ist ursprünglicher Eigentümer des Autos, verkauft sein Auto dann an B und überträgt damit B das Eigentum am Auto. B ist also neuer Eigentümer. Wenn man nun die eben genannte Theorie auf unser Beispiel anwendet, lässt sich sagen, dass B sein Eigentum von seinem Vormann A abgeleitet hat, er hat also derivativ Eigentum erworben. Von originärem Eigentumserwerb wiederum wird gesprochen, wenn man das Eigentum von keinem Vormann ableiten kann. Ein Exemplum hierfür: Der B findet ein originalverpacktes Mobiltelefon in der Mülltonne seines Hauses. Da dieses Mobiltelefon offenkundig niemanden mehr gehört, kann der B nun originär Eigentum an dem Telefon erwerben, ohne gerade dieses Eigentum von einem Vormann beziehungsweise Voreigentümer ableiten zu müssen. Die folgenden Absätze sollen nun alle in Österreich möglichen Formen des Eigentumserwerbs näher erläutern.

Es muss beachtet werden, dass es in Österreich das Erfordernis der kausalen Tradition gibt. Das Prinzip der kausalen Tradition besagt daher auch, dass ohne titulus und modus kein Eigentum erlangt werden kann. Zusätzlich zur Gültigkeit beziehungsweise zur Existenz von Verpflichtungs-- und Verfügungsgeschäft kommt das Erfordernis, dass der Vormann des Eigentums berechtigt oder zumindest verfügungsbefugt sein muss. Entweder also muss dem Vormann die Sache selbst gehören, oder der Eigentümer der Sache muss den Veräußerer zur Veräußerung berechtigt haben. Der derivative Eigentumserwerb setzt daher wie folgt voraus: Einen gültigen Titel, einen rechtsgültigen Modus und die Berechtigung des Vormannes. Der Titel, also titulus, muss gültig sein; in Frage kommen alle Rechtsgeschäft, die auf die Eigentumsbeschaffung gerichtet sind. Dies sind in der Praxis hauptsächlich Verträge, wie die Schenkung, der Kauf, der Tausch, ein Darlehen oder Legat. Allerdings kommen auch letztwillige Verfügungen, also Testamente in Frage.

Der Modus wiederum bezeichnet den äußerlichen Vorgang, der den eben genannten Titel durchführen soll, also die Übergabe bei beweglichen Sachen oder die Eintragung ins Grundbuch bei unbeweglichen Sachen. Wie auch beim Besitz, gibt es auch beim Eigentum sogenannte Übergabesurrogate, mit Hilfe derer die persönliche Hand zu Hand Übergabe überflüssig wird, weil in der Praxis zu aufwändig. In Frage hierbei kommen die Übergabe durch Zeichen, die Übergabe durch Erklärung sowie die Versendung. Die Übergabe durch Zeichen ist nur bei solchen Sachen zulässig, bei denen eine Übergabe von Hand zu Hand untunlich oder gar unmöglich ist. So kann man die Übergabe eines gesamten Warenlagers durch eine Schlüsselübergabe übertragen, oder Frachtgüter auf einem Schiff durch Übergabe der Frachtpapiere übertragen. Eine Übergabe jeder einzelnen Sache wäre untunlich oder gar faktisch oder zeitlich gesehen gar nicht möglich.

Die Eigentumsübergabe durch Erklärung hat vor allem den Sinn, eine Sachverschiebung zu verhindern, wenn diese nur umständlich oder zeitaufwendig wäre. Dabei unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Arten der Übergabe durch Erklärung. Zum einen existiert die Übergabe kurzer Hand, die auch tradition brevi manu genannt wird. In dieser Konstellation befindet sich die Sache bereits beim zukünftigen Erwerber. Dieser Erwerber allerdings war in Vergangenheit noch nicht der Eigentümer der Sache. Verbildlichen kann man diese Konstellation durch nachstehendes Beispiel: Der A hat der B sein Notebook geliehen. A ist nach wie vor Besitzer, die B hat das Notebook zwar bei sich, will es aber nicht direkt für sich selbst besitzen. Kommen die beiden füreinander, dass das Notebook nunmehr der B gehören soll, so muss das Notebook nicht mehr umständlich dem A zuerst zurückgegeben werden, um es dann daraufhin wieder der B zu geben. Das Notebook wechselt quasi ohne gesonderte Übergabe seinen Besitzer.

Zum anderen gibt es das sogenannte Besitzkonstitut. Beim Besitzkonstitut herrscht eine ähnliche Konstellation wie bei der traditio brevi manu. Auch hier wird der Eigentümer gewechselt, ohne die Sache gesondert übergeben zu haben. Allerdings soll in dieser Konstellation die Sache dort bleiben, wo sie gerade ist, nämlich beim ursprünglichen Eigentümer. Ein Beispiel zum besseren Verständnis. Der A besitzt das Notebook als Eigentümer und hat dieses auch faktisch bei sich. Nun erklärt der A die B als neue Eigentümerin, behält aber mit Zustimmung der B das Notebook nach wie vor bei sich. Der A allerdings ist nun nicht mehr Eigentümer, der die Sache für sich besitzen will, sondern er besitzt die Sache nunmehr für die B, diese ist auch die neue Eigentümerin und bekommt ihren Besitz sowie ihr Eigentum durch A vermittelt.

Zuletzt existiert noch die sogenannte Besitzanweisung. Bei der Besitzanweisung ist die Sache bei einem Dritten und soll ebenfalls den Eigentümer wechseln. Zur Verbildlichung folgendes Beispiel: Das Bild befindet sich bei A. A besitzt das Bild nicht für sich, sondern für seinen eigentlichen Besitzer und Eigentümer B. B allerdings will das Bild der C übergeben. C also soll der neue Eigentümer werden. Hierzu müsste allerdings zuerst das Bild von A zurück zu B gehen, von B zu C und von C wieder retour an A. Um sich diesen Aufwand zu sparen, kann das Bild bei der Besitzanweisung bei A verweilen. B erklärt mit Zustimmung die C als neue Eigentümerin; es bedarf auch hier keiner gesonderten Sachübergabe mehr.

Die Versendung, im Kontrast zu den anderen Übergabemodi, stellt ein sehr spezielles Übergabesurrogat dar und sielt eine sehr wichtige Rolle beim eigentlichen Eigentumserwerb. Wenn vereinbart wird, dass eine Sache durch Versendung übergeben wird, so erwirbt der Empfänger in der Regel sofort Eigentum, sobald die versendete Sache an den Transporteur übergeben wurde. Allerdings gilt das nur, wenn eine ausdrücklich genehmigte oder auch verkehrsübliche Versandart gewählt wurde. Sehr interessant gerade bei der Versendung ist die Frage der Gefahrtragung, wer also das Risiko von Beschädigung oder Verlust beim Transport übernimmt. Dies wird allerdings später detaillierter behandelt.

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