Was versteht man unter Streitgegenstand und welche Prozessgrundsätze gibt es?




Im Zivilprozess muss von Anfang an für das Gericht und für die Parteien feststehen, worüber entschieden werden soll. Daher hat jeder Schriftsatz die Bezeichnung des Streitgegenstandes zu enthalten. Somit ist der Streitgegenstand für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges wichtig und außerdem richtet sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichtes in fast allen Fällen nach dem Wert des Streitgegenstandes (Wertzuständigkeit) bzw. nach seiner Beschaffenheit (Eigenzuständigkeit). Zu beachten ist auch, dass eine Klagenhäufung nur bei einer Mehrheit von Streitgegenständen vorliegen kann. Auch die Klagenkonkurrenz ist zu berücksichtigen. Eine Klagenkonkurrenz liegt vor, wenn der Kläger mehrere Ansprüche bzw. mehrere Streitgegenstände geltend macht, die auf dasselbe Ziel gerichtet sind. Außerdem sind drei Konkurrenzfälle zu unterscheiden, und zwar die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz, die Anspruchskonkurrenz und die Idealkonkurrenz.

Die Anspruchsgrundlagenkonkurrenz liegt vor, wenn sich aus einem Sachverhalt wegen mehrerer gesetzlicher Tatbestände dieselbe Rechtsfolge ableiten lässt. Ein Beispiel dazu wär, wenn jemand auf einer Fahrt mit dem Taxi durch einen Unfall verletzt wird, den der Fahrzeuglenker verschuldet hat. Die Anspruchskonkurrenz, die auch als Realkonkurrenz bezeichnet wird, ist dann gegeben, wenn sich aus mehreren Sachverhalten mehrere Rechtsfolgen ableiten lassen, die auf das gleiche wirtschaftliche Ziel, das heißt auf dieselbe Leistung, gerichtet sind. Eine Realkonkurrenz liegt z.B. vor, wenn der Entlehner eines Gegenstandes diese dem Eigentümer vermacht, dann kann nämlich der Vermächtnisnehmer sie sodann vom Erben unter Berufung auf den Leihvertrag oder auf das Vermächtnis herausverlangen. Die Idealkonkurrenz wiederum liegt vor, wenn sich aus einem Sachverhalt mehrere Rechtsfolgen des gleichen Inhalts wegen einander ausschließender Anspruchsnormen ableiten lassen. Ein Bespiel für Idealkonkurrenz wäre z.B., dass ein Zahlungsbegehren sich entweder auf eine Kaufpreisforderung stützen kann, wenn ein Kaufvertrag zustanden gekommen ist, oder sich auf einen Bereicherungsanspruch stützen kann, wenn es kein Kaufvertrag gibt.

Prozessgrundsätze sind Grundsätze, die bei der Gestaltung und Durchführung des Verfahrens zu befolgen sind. Unter Prozessgrundsätze sind der Dispositionsgrundsatz, der abgeschwächte Untersuchungsgrundsatz, der Grundsatz der Mündlichkeit, der Grundsatz der Unmittelbarkeit, der Grundsatz der Öffentlichkeit, der Grundsatz der Verfahrenskonzentration und der Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs zu subsumieren. Unter Dispositionsgrundsatz ist zu verstehen, dass die Parteien über den Streitgegenstand frei verfügen können. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass nur ihnen die Verfahrenseinleitung obliegt, und dass sie durch ihre Sachanträge den Gegenstand der gerichtlichen Verhandlung und Entscheidung bestimmen sowie dass sie über den Streitgegenstand durch Anerkenntnis, Verzicht, Klagerücknahme und Vergleich verfügen können. Der Nachteil des Dispositionsgrundsatzes besteht darin, dass er die Entscheidungsgewalt des Gerichtes beschränkt. Das zeigt sich darin, dass das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Der abgeschwächte Untersuchungsgrundsatz legt fest, dass es dem Richter nicht erlaubt ist, von Anfang an ohne Behauptungen der Parteien nach Tatsachen zu forschen. Daher werden die Parteien zunächst aufgefordert alle notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und dafür auch die entsprechenden Beweise anzubieten. Außerdem ist bei Vollversäumnis das Vorbringen der erschienenen Partei für wahr zu halten.

Unter Grundsatz der Mündlichkeit ist zu verstehen, dass ein Verfahren mündlich ist, in dem als Entscheidungsgrundlage nur das verwendet wird, was in einer mündlichen Verhandlung vorgebracht worden ist. Daher müssen die Parteien mündlich vor dem erkennenden Gericht verhandeln und sind mit ihren Anträgen, mit ihren Tatsachenbehauptungen und mit ihren Beweisen und Beweisanbietungen sowie mit den rechtlichen Ausführungen zu hören. Der Unmittelbarkeitsgrundsatz drückt aus, dass ein Verfahren dann unmittelbar ist, wenn Entscheidungsgrundlage des Gerichtes nur das ist, was sich vor dem erkennenden Gericht selbst abgespielt hat. Hier ist auch die sachliche Unmittelbarkeit zu beachten, was festlegt, dass Beweise im Laufe der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aufzunehmen sind. Die sachliche Unmittelbarkeit erfährt auch eine Abschwächung, denn wenn in einem anderen gerichtlichen Verfahren bereits über streitige Tatsachen ein Beweis aufgenommen worden ist, das Protokoll oder das Sachverständigengutachten hierüber als Beweismittel verwendet werden kann. Die Zustimmung der Parteien ist dazu jedoch nötig, wenn sie nicht an dem früheren Verfahren beteiligt waren. Außerdem dürfen nur jene Richter das Urteil fällen, die an der zugrundeliegenden mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.

Zu beachten ist, dass bei einem Richterwechsel ein Nichtigkeitsgrund dann vorliegt, wenn der neue Richter keine neue Verhandlung durchgeführt hat und sofort das Urteil gefällt hat. Der Grundsatz der Öffentlichkeit drückt die Volksöffentlichkeit aus und ist gegeben, wenn jede Person die Prozesshandlungen der Parteien und des Gerichtes unmittelbar wahrnehmen kann, ohne dass sie daran ein besonderes Interesse nachweisen müssen. Im österreichischen Zivilprozess sind die mündlichen Verhandlungen und die Entscheidungsverkündung vor dem erkennenden Gericht öffentlich; Einvernehmungen, die außerhalb einer Verhandlung vor dem erkennenden Gericht stattfinden, sind nicht öffentlich, wie z.B. im Rechtshilfeweg. In Ehesachen besteht ebenso keine Volksöffentlichkeit. Die Volksöffentlichkeit kann auch von Amts wegen ausgeschlossen werden, wenn die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung als gefährdet erscheint bzw. wenn eine Verhandlungsstörung oder Erschwerung der Sachverhaltsfeststellung zu befürchten ist. Ein ungerechtfertigter Ausschluss der Öffentlichkeit bildet einen Nichtigkeitsgrund.

Von der Volksöffentlichkeit ist die Parteiöffentlichkeit zu unterscheiden. Parteiöffentlichkeit bedeutet das Recht der Parteien, von allen Gerichtshandlungen und von allen Prozesshandlungen des Gegners Kenntnis zu nehmen und an den Tagsatzungen teilzunehmen. Zu beachten ist, dass bei Verhandlungen, bei denen die Volksöffentlichkeit ausgeschlossen ist sowie bei Verhandlungen und Vernehmungen im Rechtshilfeverfahren und auch im Eheverfahren auch Parteiöffentlichkeit besteht. Auch die Verletzung der Parteiöffentlichkeit stellt einen Nichtigkeitsgrund dar.

Der Grundsatz der Verfahrenskonzentration hat eine rasche Abwicklung des Abgabenverfahrens zum Ziel. Der Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs besagt, dass jeder, der durch eine gerichtliche Entscheidung in seinen Rechten betroffen wird, ein Recht darauf hat, dass er in dem Verfahren, das zu dieser Entscheidung führt, gehört zu werden.

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