Versäumung von Prozesshandlungen




Es muss beachtet werden, dass eine Versäumung dann vorliegt, wenn eine Prozesshandlung nicht oder nicht wirksam in der dafür bestimmten Frist oder zu dem dazu bestimmten Zeitpunkt bzw. Tagsatzung vorgenommen wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Säumnis des Prozessbevollmächtigten bzw. jene des gesetzlichen Vertreters gegen die Partei wirkt. Es ist ebenso erwähnenswert, dass eine Tagsatzung dann von einer Partei versäumt ist, wenn sie nicht erscheint bzw. wenn sie nicht verhandelt oder wenn sie sich nach Aufruf der Sache wieder entfernt sowie wenn sie bei Anwaltspflicht ohne Anwalt erscheint oder wenn sie wegen ungebührlichen Verhaltens entfernt wurde bzw. wenn sie oder ihr Bevollmächtigter postulationsunfähig ist und auch wenn zur erstreckten Tagsatzung kein geeigneter Vertreter erscheint. Unter Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit zu verstehen, rechtswirksam Prozesshandlungen vornehmen zu können. In der Regel ist jede prozessfähige Person auch postulationsfähig. Dies gilt jedoch nur dann, wenn kein Anwaltszwang besteht. Denn wenn eine anwaltliche Vertretung zwingend vorgesehen ist, ist nur der Rechtsanwalt anstelle der Vertretenen postulationsfähig.

Die Voraussetzung dafür, dass der Partei überhaupt die Säumnis angelastet werden kann, ist eine ordnungsgemäße Ladung zur Tagsatzung bzw. eine ordnungsgemäße Zustellung des Schriftstückes, das die Frist enthält. Die Versäumung kann verschiedene Folgen haben. Denn die Versäumung einer Prozesshandlung führt grundsätzlich dazu, dass die Partei von der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen wird. Dies wird als Präklusionswirkung bezeichnet. Außerdem ist eine verspätet gesetzte Prozesshandlung kraft Gesetz bzw. auf Antrag zurückzuweisen. Daneben gibt es auch besondere Säumnisfolgen. Die wichtigste besondere Säumnisfolge ist die, dass wenn eine Partei die Prozesshandlung versäumt die andere Partei somit die Fällung eines Versäumungsurteiles beantragen kann. Es ist ebenso erwähnenswert, dass durch die Säumnisfolgen indirekt die Mitwirkung der Parteien erzwungen werden soll sowie dem Untätigen bzw. dem Säumigen die Möglichkeit genommen werden soll, den Prozess aufzuhalten. Außerdem treten die Säumnisfolgen in der Regel von selbst ein, also ohne vorherige Androhung und auch ohne Antrag des Gegners.

Dennoch gibt es Fälle, bei denen eine vorhergehende Androhung oder ein Antrag des Gegners für den Eintritt der Säumnisfolgen notwendig ist. Denn eine störende Partei, welche die Verhandlung stört, darf nämlich erst dann aus der Verhandlung entfernt werden, wenn ihr dies vorher angedroht worden ist und wenn sie darauf aufmerksam gemacht worden ist, dass infolge ihrer Entfernung gegen sie ein Versäumungsurteil ergehen kann. Außerdem kann solch ein Versäumungsurteil immer nur über Antrag der erschienenen bzw. nicht säumigen Partei ergehen. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass es bestimmte Rechtsbehelfe zur Beseitigung der Säumnisfolgen gibt. Denn zur Beseitigung der Rechtsfolgen, die durch Versäumung einer Tagsatzung oder Prozesshandlung eingetreten sind, kommen als Rechtsbehelfe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie der Widerspruch oder die Berufung in Betracht.

Es ist erwähnenswert, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Rechtsbehelf ist, der gegen die Folgen der Versäumung einer Tagsatzung oder einer befristeten Prozesshandlung gerichtet ist, durch den der Rechtsstreit wiederum in die Lage zurückversetzt werden soll, in welcher er sich vor der Versäumung befunden hat. Wenn infolge der Versäumung ein Urteil erlassen worden ist, ist dieses Urteil bei Bewilligung der Wiedereinsetzung aufzuheben, und zwar auch dann wenn es bereits rechtskräftig ist. Die Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, dass die Säumnis der Partei bzw. ihres gesetzlichen oder gewillkürten Vertreters auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zurückzuführen sein muss. Ein Ereignis ist dann unvorhergesehen, wenn die Partei dieses nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch nicht erwarten konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis wiederum dann, wenn es die Partei bzw. ihr Vertreter mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht verhindern konnte. Außerdem ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Frist von vierzehn Tagen ab Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht einzubringen, bei dem die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen war.

Der Widerspruch wiederum ist ein Rechtsbehelf, der auf Aufhebung eines gefällten Versäumungsurteils gerichtet ist. Es muss beachtet werden, dass nach Aufhebung des Versäumungsurteiles das Verfahren so fortzusetzen ist, als ob ein Versäumungsurteil gar nicht gefällt worden wäre. Das bedeutet, dass die erste Tagsatzung oder die erste mündliche Streitverhandlung nicht neuerlich abgehalten werden muss. Es muss beachtet werden, dass die säumige Partei wiederspruchberechtigt ist. Außerdem ist der Widerspruch innerhalb der nicht erstreckbaren Frist von vierzehn Tagen ab Zustellung des Versäumungsurteiles durch einen vorbereitenden Schriftsatz beim Prozessgericht einzubringen.

Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass wenn die Partei vor Ablauf der Widerspruchsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe inklusive der Beigebung eines Rechtsanwaltes beantragt hat, die Widerspruchsfrist in solch einen Fall erst mit der Zustellung des Bescheides, mit dem der Rechtsanwalt bestellt wird bzw. mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwaltes versagt wird, zu laufen beginnt. Die Berufung ist wiederum ein Rechtsmittel, das innerhalb von vier Wochen ab Wirksamkeit des Urteils beim Prozessgericht einzubringen ist und auf Aufhebung bzw. auf Abänderung des Versäumungsurteiles gerichtet ist. Mit der Berufung ist ein Versäumungsurteil auf jeden Fall dann anfechtbar, wenn behauptet und begründet wird, dass eine Versäumung nicht vorliegt.

Es muss beachtet werden, dass die soeben genannten Rechtsbehelfe zur Beseitigung von Versäumungsurteilen auch kumuliert werden können, wenn das Gesetz sie nicht ausdrücklich ausschließt. Außerdem kann die Partei, die die Rechtsbehelfe erhebt durch die Bezeichnung der Anträge als Hauptanträge und Eventualanträge die Reihenfolge der Erledigung der Rechtsbehelfe bestimmen. Es ist erwähnenswert, dass das Gericht an diese Reihenfolge gebunden ist. Wenn der Antragsteller jedoch keine Reihenfolge der Erledigung angegeben hat, hängt die Reihenfolge davon ab, ob die verschiedenen Rechtsbehelfe zu verschiedenen Ergebnissen oder zu den gleichen Ergebnissen führen. Sollten die kumulierten Rechtsbehelfe zu verschiedenen Ergebnissen führen, ist zuerst über jenen Rechtsbehelf zu entscheiden, der den weitergehenden Rechtsschutz gewährt, also durch dessen Erfolg die Rechtsstellung des Antragstellers die weitergehende Verbesserung erfährt. Wenn die Rechtsbehelfe aber die gleichen Auswirkungen haben, ist derjenige Rechtsbehelf vorrangig zu behandeln, der auf die einfachste, schnellste sowie günstigste und sicherste Weise erledigt werden kann.

Wenn Berufung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand miteinander kumuliert werden, ist zuerst über die Berufung zu entscheiden, weil die Berufung den weitergehenden Rechtsschutz bringt. Die Berufung bringt nämlich bei der Nichtigkeitsberufung die Erneuerung des nichtigen Verfahrensteils. Wenn jedoch gleichzeitig der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Widerspruch erhoben werden, ist vorerst der Wiedereinsetzungsantrag zu erledigen. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zuvor zu erledigen, weil er den weitergehenden Rechtsschutz bringt, und zwar die Nachholung der versäumten Tagsatzung oder Prozesshandlung. Wenn wiederum Berufung und Widerspruch erhoben werden, ist die Berufung vorrangig zu behandeln, weil die Berufung den weitergehenden Rechtsschutz bringt. Sollten jedoch zugleich Berufung, Widerspruch und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kumuliert werden, ist zuerst über die Berufung, dann über den Wiedereinsetzungsantrag und zuletzt über den Widerspruch zu entscheiden.

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