Regelungen für den Besitzerwerb




Im Österreichischen Recht lassen sich die Regelungen für den Besitzerwerb sehr einfach aus dem römischen Recht ableiten. So gilt also auch hierzulande der Grundsatz animus et corpore. Der Besitzerwerb setzt daher den sogenanntes Besitzwillen, den animus und die Gewahrsame an einer Sache, den corpus voraus. Animus bedeutet, eine Sache für sich selbst besitzen beziehungsweise haben zu wollen. Corpus hingegen bedeutet im Allgemeinen, gerade diese Sache auch faktisch bei sich, inne zu haben. Bei beweglichen Sachen wird die Gewahrsame durch die körperliche Übergabe verschafft. Man spricht von einer Übergabe von Hand zu Hand, was allerdings nicht allzu wörtlich genommen werden darf. Es bedeutet vielmehr die Verschaffung der faktischen Sachherrschaft. Da sich eine Übergabe von Hand zu Hand allerdings häufig als sehr, sehr umständlich erweist, stellt der Gesetzgeber sogenannte Übergabesurrogate zur Verfügung. Übergabesurrogate ermöglichen die Verschaffung von Sachherrschaft ohne eine tatsächliche körperliche Übergabe. In Österreich kennt man die Übergabe durch Zeichen, durch Erklärung und die Versendung als solche Alternative.

Die Übergabe durch Zeichen ist nur bei solchen Sachen zulässig, bei denen eine Übergabe von Hand zu Hand untunlich oder gar unmöglich ist. So kann man die Übergabe eines gesamten Warenlagers durch eine Schlüsselübergabe übertragen, oder Frachtgüter auf einem Schiff durch Übergabe der Frachtpapiere übertragen. Eine Übergabe jeder einzelnen Sache wäre untunlich oder gar faktisch oder zeitlich gesehen gar nicht möglich.

Die Besitzübergabe durch Erklärung hat vor allem den Sinn, eine Sachverschiebung zu verhindern, wenn diese nur umständlich oder zeitaufwendig wäre. Dabei unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Arten der Übergabe durch Erklärung. Zum einen existiert die Übergabe kurzer Hand, die auch traditio brevi manu genannt wird. In dieser Konstellation befindet sich die Sache bereits beim zukünftigen Erwerber. Dieser Erwerber allerdings war in Vergangenheit noch nicht der Besitzer der Sache, da er die Sache ohne eigenen Besitzwillen inne hatte.

Verbildlicht kann man diese Konstellation durch nachstehendes Beispiel: Der A hat der B sein Notebook geliehen. A ist nach wie vor Besitzer, die B hat das Notebook zwar bei sich, will es aber nicht direkt für sich selbst besitzen. Kommen die beiden füreinander, dass das Notebook nunmehr der B gehören soll, so muss das Notebook nicht mehr umständlich dem A zuerst zurückgegeben werden, um es dann daraufhin wieder der B zu geben. Das Notebook wechselt quasi ohne gesonderte Übergabe seinen Besitzer. Zum anderen gibt es das sogenannte Besitzkonstitut. Beim Besitzkonstitut herrscht eine ähnliche Konstellation wie bei der traditio brevi manu. Auch hier wird der Besitzer gewechselt, ohne die Sache gesondert übergeben zu haben. Allerdings soll in dieser Konstellation die Sache dort bleiben, wo sie gerade ist, nämlich beim ursprünglichen Besitzer. Ein Beispiel zum besseren Verständnis. Der A besitzt das Notebook und hat dieses auch faktisch bei sich. Nun erklärt der A die B als neue Besitzerin, behält aber mit Zustimmung der B das Notebook nach wie vor bei sich. Der A allerdings ist nun nicht mehr Besitzer, der die Sache für sich besitzen will, sondern er besitzt die Sache nunmehr für die B, diese ist auch die neue Besitzerin und bekommt ihren Besitz durch A vermittelt.

Zuletzt existiert noch die sogenannte Besitzanweisung. Bei der Besitzanweisung ist die Sache bei einem Dritten und soll ebenfalls den Besitzer wechseln. Zur Verbildlichung folgendes Beispiel: Das Bild befindet sich bei A. A besitzt das Bild nicht für sich, sondern für seinen eigentlichen Besitzer B. B allerdings will das Bild der C übergeben. C also soll der neue Besitzer werden. Hierzu müsste allerdings zuerst das Bild von A zurück zu B gehen, von B zu C und von C wieder retour an A. Um sich diesen Aufwand zu sparen, kann das Bild bei der Besitzanweisung bei A verweilen. B erklärt mit Zustimmung die C als neue Besitzerin; es bedarf auch hier keiner gesonderten Sachübergabe mehr.

Die Versendung, im Kontrast zu den anderen Übergabemodi, stellt ein sehr spezielles Übergabesurrogat dar und sielt eine sehr wichtige Rolle auch beim eigentlichen Eigentumserwerb. Wenn vereinbart wird, dass eine Sache durch Versendung übergeben wird, so erwirbt der Empfänger in der Regel sofort Besitz, sobald die versendete Sache an den Transporteur übergeben wurde. Allerdings gilt das nur, wenn eine ausdrücklich genehmigte oder auch verkehrsübliche Versandart gewählt wurde. Sehr interessant gerade bei der Versendung ist die Frage der Gefahrtragung, wer also das Risiko von Beschädigung oder Verlust beim Transport übernimmt. Dies wird allerdings später detaillierter behandelt.

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