Nationale Verfassung und Verfassung für Europa




Das Staatsrecht oder Verfassungsrecht besteht aus drei Staatsfunktionen, und zwar aus Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Die österreichische Verfassung basiert auf Prinzipien, und zwar auf das demokratische Prinzip, das bundesstaatliche Prinzip, das rechtsstaatliche Prinzip, das republikanische Prinzip, das gewaltentrennendes Prinzip und auf das liberale Prinzip. Das demokratische Prinzip geht davon aus, dass das Recht durch das Volk erzeugt wird.

Wesentliche Elemente des bundesstaatlichen Prinzips ist die Verteilung der staatlichen Funktionen zwischen Bund und Ländern sowie die Möglichkeit der Länder an der Bundesgesetzgebung mitzuwirken. Das rechtsstaatliche Prinzip besagt, dass alle Staatsfunktionen an das Gesetz gebunden sind, wie etwa durch Rechtsschutzeinrichtungen. Das republikanische Prinzip legt fest, dass der Bundespräsident das verantwortliche Staatsoberhaupt ist. Der Bundespräsident wird vom Volk auf Zeit gewählt und ist sowohl politisch als auch rechtlich verantwortlich.

Außerdem muss ist eine Trennung von Staat und Kirche festgelegt, was zur Folge hat, dass der Staat religiös neutral sein muss. Unter gewaltentrennendes Prinzip ist zu verstehen, dass die drei Staatsfunktionen Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit voneinander zu trennen sind, wobei jedoch wechselseitige Kontrollen untereinander möglich sind. Das liberale Prinzip garantiert, dass jede Person ein Anspruch auf die Gewährleistung von Grundrechten hat und in ihrer Lebensführung nicht vom Staat abhängig ist. Zu beachten ist ebenso, dass die genannten Prinzipien unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden können, wenn sich im Parlament eine Zweidrittelmehrheit findet und wenn die Mehrheit des Volkes diese Änderung in einer Volksabstimmung zustimmt.

In Bezug auf die Europäische Union sind ebenso die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Die Europäische Union hat darauf zu achten, dass alle Mitgliedstaaten vor der Verfassung gleich sind und dass die nationale Identität der Mitgliedstaaten durch deren politischer und verfassungsrechtlicher Struktur und Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Die Europäische Union hat ebenso darauf zu achten, dass die öffentliche Ordnung und der Schutz der nationalen Sicherheit aufrechterhalten werden. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten müssen zusammenarbeiten und sich bei der Erfüllung der sich aus der Verfassung ergebenden Aufgaben gegenseitig unterstützen.

Außerdem ist das Gemeinschaftsrecht vor dem staatlichen Recht sowie vor dem Verfassungsrecht anzuwenden. Das bedeutet, dass Behörden und Gerichte ein staatliches Recht nicht anwenden dürfen, wenn dieses staatliche Recht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht. Auch der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung ist zu beachten. Dieser legt fest, dass die Europäische Union nur in den Bereichen tätig wird, die ihr die Mitgliedstaaten in der Verfassung übertragen haben. Alle Zuständigkeiten, die der Europäischen Union in der Verfassung nicht von den Mitgliedstaaten übertragen wurde, verbleiben bei den Mitgliedstaaten. Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Europäischen Union gelten der Subsidiaritätsgrundsatz und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Der Subsidiaritätsgrundsatz drückt aus, dass die Europäische Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur dann tätig wird, wenn bestimmte Ziele besser auf Ebene der Europäischen Union erreicht werden können als von den Mitgliedstaaten. Es gibt verschiedene Zuständigkeitsarten, wie etwa die ausschließliche Zuständigkeit oder die geteilte Zuständigkeit. Wenn die Verfassung der Europäischen Union für einen bestimmten Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit überträgt, kann nur die Europäische Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. In solchen Fällen dürfen die Mitgliedstaaten nur dann tätig werden, wenn sie von der Europäischen Union dazu ermächtigt werden bzw. um Rechtsakte der Europäischen Union durchzuführen. Eine ausschließliche Zuständigkeit hat die Europäische Union beispielsweise im Bereich der Zollunion oder der gemeinsamen Handelspolitik.

Die Verfassung kann der Europäischen Union für einen bestimmten Bereich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine geteilte Zuständigkeit übertragen. In diesem Fall können die Europäische Union und die Mitgliedstaaten gemeinsam in den übertragenen Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. Hierbei nehmen die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit dann wahr, wenn die Europäische Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat oder wenn die Europäische Union ihre Zuständigkeit nicht mehr ausüben möchte. Eine geteilte Zuständigkeit hat die Europäische Union gemeinsam mit den Mitgliedstaaten beispielsweise im Bereich des Binnenmarktes, der Umwelt, des Verbraucherschutzes, des Verkehrs oder der Energie.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel