Das Schweigen im Geschäftsverkehr




Grundsätzlich ist das Schweigen keine Willenserklärung, vor allem hat es nicht denselben Wert der Erklärung wie eine Zustimmung. Im Unternehmensrecht gibt es nur mehr eine Ausnahme, wann Schweigen als Willenserklärung gezählt werden kann, da das Schweigen eines Geschäftsbesorgungskaufmannes seit der Einführung des Unternehmensgesetzbuches gestrichen wurde. Diese eine Ausnahme betrifft das Schweigen auf ein unternehmerisches Bestätigungsschreiben.

Ob ein Verhalten eines Unternehmers eine Willenserklärung darstellt, wird anhand zweier Kriterien beurteilt. Das erste Kriterium besagt, dass wenn die Umstände keinen Zweifel offen lassen, darf dein Verhalten oder auch Unterlassen, wozu das Schweigen zählt, als Erklärung gedeutet werden. Dies ist der sogenannte individuelle Vertrauensschutz des Empfängers. Das zweite Kriterium bezieht sich auf Gebräuche im Geschäftsverkehr und besagt, dass unter Unternehmern im Hinblick auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen, was hier auch wieder das Schweigen ist, die im Geschäftsverkehr geltenden Gebräuche und Gewohnheiten zu beachten sind. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gibt es aber auch im Handels- und Geschäftsverkehr nunmehr keine allgemeine Verkehrssitte, die ein Schweigen als Zustimmung deutet. Es gibt jedoch noch gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Ausnahmefälle, denn sonst könnte Schweigen nur dann als Zustimmung gesehen werden, wenn der Schweigende nach Treu und Glauben oder nach den Gebräuchen im Geschäftsverkehr antwortet, also „Nein, danke“ hätte sagen müssen.

Ein Beispiel hierfür: Herr X und Herr Y schließen telefonisch einen Kaufvertrag, indem X dem Y zweitausend Damenblusen zum Preis von Euro 13 pro Stück liefern soll. Einen Tag später schickt X dem Y ein Fax in dem steht: „ Bestätige Auftrag über zweitausend Damenblusen. Lieferung folgt.“ Die Gehilfin des Y weiß nichts vom Telefonat zwischen X und Y und speichert das Fax im Ordner „Lieferanten“ ab. Als die Damenanzüge einlangen, verweigert Y die Annahme. Hier widerspricht das Bestätigungsschreiben der mündlichen Vereinbarung und das Schweigen des Y ist keine Zustimmung, weswegen der Vertrag nicht zustande kommt. Wäre im Bestätigungsschreiben von zweitausend Damenblusen die Rede gewesen, und Y hätte geschwiegen, so würde sich die mündliche Vereinbarung mit dem Bestätigungsschreiben decken, und das Schweigen würde als Zustimmung gewertet werden.

Normalerweise schließen die Vertragsparteien mündlich einen Vertrag, den das Bestätigungsschreiben inhaltlich wiedergibt. Wird ein Detail ergänzt, wie etwa die Lieferbedingungen, so gilt der Vertrag immer noch als geschlossen, wenn es sich nur um ein ergänzendes Detail handelt, bei der man davon ausgeht, dass der Vertragspartner diesem zustimmt. Ein Bestätigungsschreiben wird mit einem vertraglichen Vorbehalt gesendet, woraufhin unter Umständen eine Gegenbestätigung erfolgen kann, es ist aber kein neues Angebot zustande gekommen. Rechnungen hingegen sind keine Angebote, da diese eine andere unternehmerische Funktion haben, ebenso wie Lieferscheine. Diese beiden werden erst nach Vertragsabschluss als Folge des Abschlusses geschrieben, und ein von der Vereinbarung abweichender Inhalt der Rechnung beziehungsweise des Lieferscheines wird nicht zum Vertragsinhalt. Dies ist dann von großer Bedeutung, wenn auf der Rückseite des Lieferscheines beziehungsweise der Rechnung die Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen, und diese andere Bedingungen enthalten, als im Vertrag ausgemacht wurde, welche dann nicht Vertragsbestandteil werden.

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