Arten der Handlungsvollmacht und deren Umfang




Gegenüber der Prokura ist die Handlungsvollmacht eine abgeschwächte Form der unternehmerischen Stellvertretung. Handlungsbevollmächtigt ist daher derjenige, der von einem Unternehmer im Rahmen des Unternehmens eine Vollmacht erteilt bekommen hat, ohne dass es sich dabei um eine Prokura handelt. Die Erteilung der Willenserklärung bedarf keiner besonderen Form und erfolgt durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, und kann im Gegensatz zur Prokura ausdrücklich als auch durch eine schlüssige Handlung erfolgen. Ebenfalls ist das Vorliegen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht möglich.

Der Vollmachtgeber einer Handlungsvollmacht kann der Unternehmer selbst, oder sein gesetzlicher beziehungsweise rechtgeschäftlich bestellter Vertreter, wie etwa ein Prokurist oder auch Handlungsbevollmächtigter sein. Die Eintragung des Unternehmers im Firmenbuch ist im Gegensatz zur Prokura keine Voraussetzung für die Erteilung der Handlungsvollmacht. Zu beachten ist aber, ob berufsrechtliche Vorschriften die Erteilung einer Handlungsvollmacht verhindern. Fehlt eine Unternehmereigenschaft beim Vollmachtgeber, so müssen die Fälle einzeln nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch beurteilt werden.

Zum Erteilen einer Handlungsvollmacht ist jede zumindest beschränkt geschäftsfähige natürlich Person geeignet. Nicht einig ist man sich aber darüber, ob eine Handlungsvollmacht auch an juristische Personen erteilt werden kann, jedoch ist die überwiegende Meinung der Ansicht, dass dies zulässig ist.

Durch den Unternehmer selbst wird in erster Linie der Umfang der Handlungsvollmacht bestimmt. Möglich sind eine Generalhandlungsvollmacht, eine Arthandlungsvollmacht und eine Spezialhandlungsvollmacht. Eine Generalhandlungsvollmacht erstreckt sich auf den gesamten Betrieb des Unternehmens. Eine Arthandlungsvollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten nur zu Ausübung von bestimmten Arten von Geschäften, und ist auch die gebräuchlichste Form im Geschäftsalltag. So liegt eine Arthandlungsvollmacht zum Beispiel bei einer Verkäuferin vor, die dazu ermächtigt ist, Zahlungen von Kunden entgegenzunehmen, oder bei einer Restaurantfachfrau, die Speisen und Getränke verkauft, und dafür Zahlungen entgegen nimmt.

Eine Spezialhandlungsvollmacht liegt dann vor, wenn der Bevollmächtigte nur einzelne bestimmte Geschäfte durchführen darf. Diese wird auch Einzelvollmacht genannt. Im Sinne der Rechtssicherheit wird der Umfang einer General-, Spezial- und Artvollmacht auch vom Unternehmensgesetzbuch geregt. Die Vorschriften regeln den Vollmachtsumfang, wenn nichts anderes vereinbart wurde oder dem Dritten der Umfang der rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht nicht bekannt war oder bekannt sein musste.

Laut Gesetz ermächtigt die Generalhandlungsvollmacht zu all jenen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Unternehmens üblicherweise mit sich bringt. Anders als beim Prokuristen darf der Generalhandlungsbevollmächtigte daher keine branchenfremden Geschäfte abschließen, und auch keine außergewöhnlichen Geschäfte tätigen, die nicht üblich für einen solchen Betrieb sind. Nicht gewöhnlich ist zum Beispiel der Kauf eins Kraftfahrzeuges, wenn die Fahrzeuge nur alle fünf Jahre im Unternehmen erneut werden, oder auch der Abschluss eines langfristig gebundenen Mietvertrages. Auch übliche Geschäfte mit ungewöhnlichen Bedingungen, wie etwa hohe Konventionalstrafen dürfen nicht von einem Generalhandlungsbevollmächtigten durchgeführt werden. Es muss sich daher um Geschäfte handeln, die für das jeweilige Unternehmen üblich und typisch sind.

Schiedsvereinbarungen zählen laut dem Unternehmensgesetzbuch zu den üblichen Geschäften und dürfen daher von Generalhandlungsbevollmächtigten abgeschlossen werden. Bei einer Schiedsvereinbarung schließen die beiden Parteien für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis die Gerichtsbarkeit des Staates aus und einigen sich auf eine nicht-staatliche Entscheidung durch ein Schiedsgericht. Die Schiedsvereinbarung muss nach dem österreichischen Recht schriftlich sein, und kann bei Vertragsschluss, nachträglich zu einem bestimmten Vertrag oder auch erst für einen bereits entstandenen Rechtsstreit abgeschlossen werden.

Eine Arthandlungsvollmacht erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die Geschäfte einer bestimmten Art mit sich bringen. So kann beispielsweise der für den Einkauf zuständige Abteilungsleiter nur Verträge solcher Art abschließen, die dem Umfang und Risiko nach für das Unternehmen üblich sind, und sich auf die Einkaufsabteilung beziehen. Der Maßstab der Üblichkeit von Geschäften bei Arthandlungsbevollmächtigungen sind die Geschäfte bei der Mehrzahl von Unternehmen in derselben Branche und Größenklasse.

Die gesetzlichen Grenzen der Handlungsvollmacht sind neben den Beschränkungen auf branchenübliche und gewöhnliche Geschäfte eine Reihe weiterer Beschränkungen im Unternehmensgesetzbuch. Nach diesem ist der Handlungsbevollmächtigte nämlich nicht berechtigt zur Veräußerung und Belastung von etwaigen Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen, und auch nicht zur Prozessführung. Wohl aber zum Abschluss von Schiedsvereinbarungen. Geschäfte solcher Art kann der Handlungsbevollmächtigte selbst dann nicht abschließen, wenn sie im Einzelfall für gewöhnlich einzustufen sind. Die Befugnis zum Abschließen solcher Geschäfte kann der Vollmachtgeber aber durch eine besondere Erteilung erlauben. Diese Erteilung zur Vertretungsbefugnis zu Geschäften solcher Art unterliegt keiner Formvorschrift und kann daher auch durch schlüssiges Handeln erfolgen.

Neben diesen Geschäften ist der Handlungsbevollmächtigte, gleich wie der Prokurist, nicht zum Abschluss von Prinzipalgeschäften und Privatgeschäften des Unternehmers befugt. Durch Vereinbarungen im Vertrag kann der Umfang der Handlungsvollmacht auch mit Wirkung gegen Dritte durch den Vollmachtgeber eingeschränkt werden. Schließt dann der Handlungsbevollmächtigte ein Geschäft ab, welches durch seine Bevollmächtigung nicht gedeckt ist, so muss der Geschäftsherr dies nicht gegen sich wirken lassen, wenn die dritte Person von der Beschränkung wusste oder davon wissen musste. Zu beweisen hat dies aber der Vollmachtgeber, und im Zweifelsfall liegt eine Generalhandlungsvollmacht vor.

Die Beschränkung einer Handlungsvollmacht muss durch eine andere Art als durch eine Firmenbucheintragung bekannt gemacht werden, da eine Handlungsvollmacht nicht ins Firmenbuch eingetragen werden kann. Möglich sind hierbei etwa Rundschreiben, ein Aushang in Geschäftsräumlichkeiten oder auch etwaige Hinweise auf Bestellformularen. Eine dritte Person kann sich nämlich nur dann auf die Unkenntnis der Beschränkung berufen, wenn sie aus nicht fahrlässigem Verhalten keine Kenntnis vom Aushang oder Rundschreiben erlangt hat. Beim Geschäftsverkehr mit Verbrauchern sieht das Konsumentenschutzgesetz vor, dass eine Beschränkung einer Vollmacht, die von einem Unternehmer erteilt wurde dem Verbraucher gegenüber nur dann wirksam ist, wenn die Beschränkung dem Verbraucher auch bewusst war. Wenn die Beschränkung der Handlungsvollmacht dem Verbraucht nur aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht bewusst war, dann hat der Unternehmer das Recht, vom abgeschlossenen Vertrag zurückzutreten.

Bei Ladenangestellten gibt es Besonderheiten bezüglich der Vollmacht. Jemand, der in einem Laden oder offenem Warenlager angestellt ist, gilt nach dem Unternehmensgesetzbuch als ermächtigt, den Verkauf und Empfang durchzuführen, die in einem solchen Laden oder Warenlager für gewöhnlich gesehen werden. Der Zweck dieser Vorschrift ist der Schutz zugunsten von Kunden und Lieferanten, denn diese sollen darauf vertrauen könne, dass die jeweiligen Angestellten in einem gesetzlich bestimmten Umfang mit einer gewissen Vertretungsmacht ausgestattet sind. Der jeweilige Unternehmer kann sich daher nicht darauf berufen, er habe eine entsprechende Vollmacht nie erteilt. Durch die Beschäftigung von Angestellten in Unternehmen solcher Art erweckt der Unternehmer auch den Rechtsschein, dass diese angestellten Personen auch über eine dementsprechende Vollmacht verfügen. Diese spezielle Ausprägung der Vollmacht nennt man auch Anscheinsvollmacht.

Die Voraussetzungen für die Anscheinsvollmacht sind, dass die jeweiligen Personen in dem Laden oder dem bestimmten Warenlager angestellt sind, und diese Läden und Warenlager dem Verbraucher zugängliche Verkaufslokale sind. Dazu zählen auch solche Läden die nur vorübergehend für Verkaufszwecke benutzt werden. Beispiele hierfür sind Warenhäuser, Messeverkaufsstände, Holzlager mit Verkaufsstand oder auch ein Wohnmobil eines Wohnmobilhändlers am Lagerplatz, wenn er dort Geschäfte abwickelt. Des Weiteren müssen die Personen angestellt sein, das heißt sie müssen mit dem Wissen und dem Wollen des Unternehmers im Laden oder Warenlokal tätig sein. Ein arbeitsrechtliches Anstellungsverhältnis ist aber nicht erforderlich, da es auch reicht, wenn ein Verwandter oder ein Freund im Geschäft aushilft, und der Unternehmer davon weiß, und dies auch will.

Auch muss die dritte Person hinsichtlich der Bevollmächtigung gutgläubig sein. Sind beispielsweise in einem Supermarkt zentrale Kassen oder Schilder aufgestellt werden, die den Hinweis „ Zahlung nur an der Kassa“ enthalten, so kann sich diese dritte Person nicht darauf berufen, dass der Verkäufer zur Entgegennahme des Verkaufspreises berechtigt wäre. Sind also die Voraussetzungen gegeben, so gilt der Angestellte des Ladens oder Warenlagers als ermächtigt, Verkäufe und Entgegennahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager für gewöhnlich eingestuft werden, durchzuführen. Das heißt, auch wenn dem jeweiligen Ladenangestellten die Vollmacht nicht ausdrücklich erteilt wurde, muss der Unternehmer das Geschäft gegen sich gelten lassen, wenn die dritte Person beim Geschäftsabschluss den Glauben besaß, dass diese Person dazu auch berechtigt ist.

Der Handlungsbevollmächtigte muss laut Unternehmensgesetzbuch mit einem das Vollmachtsverhältnis andeutenden Zusatz bei Geschäftsabschlüssen zeichnen. Eine Zeichnung solcher Art soll in jener Weise erfolgen, dass der Handlungsbevollmächtigte neben der Firma seinen Namen mit einem solchen Zeichen anführt, der die Handlungsvollmacht andeutet. Diese Zeichen können etwa in Vollmacht, in Vertretung, i.V., i.A. oder auch andere, dafür geeignete Zeichen sein. Da einer dritten Person klar sein muss, ob es sich um einen Handlungsbevollmächtigten oder um einen Prokuristen handelt, darf der Handlungsbevollmächtigte in keinem Fall einen Zusatz führen die das Innehaben einer Prokura vermuten lässt. Die Gültigkeit eines abgeschlossenen Geschäftes hängt aber nicht von der Zeichnung des Handlungsbevollmächtigten ab, da die Zeichnung eine reine Ordnungsvorschrift ist.

Erlöschen kann eine Handlungsvollmacht aufgrund von Widerruf, die jederzeit ohne Angaben von Gründen möglich ist, aufgrund von Aufkündigung, die der Bevollmächtigte jederzeit durchführen kann, aufgrund von Tod und Geschäftsunfähigkeit des Bevollmächtigten, aufgrund der Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des Unternehmers oder des Bevollmächtigten, und aufgrund von Geschäftsaufgabe, Verlust der Unternehmereigenschaft oder der Auflösung der Gesellschaft. Im Zweifelsfall erlischt die Handlungsvollmacht des Bevollmächtigten nicht durch den Tod des Unternehmers, aber es kann im Vertrag vereinbart werden, dass die Handlungsvollmacht automatisch mit dem Tod des Unternehmers erlischt.

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